Leitsatz
- Das Merkmal "demnächst" (§ 167 ZPO) ist nur erfüllt, wenn sich der Partei zuzurechnende Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten.
- Mit Blick auf die Einzahlung des Kostenvorschusses kommt es bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf an, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat (Anschluss an BGH, Urt. v. 10.2.2011 – VII ZR 185/07, NJW 2011, 1227 Rn 8 f. m.w.N.; Aufgabe von Senat, Urt. v. 30.3.2012 – V ZR 148/11, ZMR 2012, 643 f. m.w.N.).
- Wurde der Kostenvorschuss verfahrenswidrig nicht von der klagenden Partei selbst, sondern über deren Anwalt angefordert, ist die damit einhergehende – der Partei nicht zuzurechnende – Verzögerung im Allgemeinen mit drei Werktagen zu veranschlagen.
- Auch von einer auf die Wahrung ihrer prozessualen Obliegenheiten bedachten Partei kann nicht verlangt werden, an Wochenend- und Feiertagen sowie am Heiligabend und Silvester für die Einzahlung des Kostenvorschusses Sorge zu tragen.
BGH, Urt. v. 10.7.2015 – V ZR 154/14
1 Sachverhalt
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 2.11.2012 wurden mehrere Beschlüsse gefasst. Mit der am 23.11.2012 eingegangenen Beschlussmängelklage wenden sich die Kläger gegen das zu dem Tagesordnungspunkt (TOP) 6 beschlossene Sanierungskonzept und dessen Finanzierung durch Erhebung einer Sonderumlage. Nach Korrespondenz zur vorläufigen Streitwertfestsetzung hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger am 18.12.2012 die an ihn versandte Aufforderung zur Zahlung des Vorschusses erhalten. Nach deren Weiterleitung an die Rechtsschutzversicherung der Kläger ist der Vorschuss am 7.1.2013 bei der Justizkasse eingegangen.
Die am 18.1.2013 zugestellte Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Kläger die Anfechtung der zu TOP 6 gefassten Beschlüsse weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.
2 Aus den Gründen
Das Berufungsgericht meint, mit Anfechtungsgründen seien die Kläger wegen Versäumung der einmonatigen Klageerhebungsfrist nach § 46 Abs. 1 S. 2 WEG ausgeschlossen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 167 ZPO, weil die Klage nicht "demnächst" zugestellt worden sei. Diese Voraussetzung sei nur erfüllt, wenn sich die Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen hielten. Gehe es um die Zahlung des Kostenvorschusses, sei das nur dann der Fall, wenn dieser nach Anforderung innerhalb eines Zeitraums eingezahlt werde, der sich um zwei Wochen bewege oder nur geringfügig darüber liege. Besondere Umstände seien erst bei der Frage zu berücksichtigen, ob eine geringfügige Überschreitung des grundsätzlich maßgeblichen Zeitraums von 14 Tagen hinzunehmen sei. Gemessen daran liege mit 20 Tagen keine nur geringfügige Überschreitung vor. Das gelte selbst dann, wenn man zugunsten der Kläger berücksichtigte, dass die Anforderung des Kostenvorschusses entgegen § 31 Abs. 1, § 32 Abs. 2 KostVfG-Berlin nicht diesen selbst, sondern ihrem Prozessbevollmächtigten zugesandt worden sei und in dem Zeitraum drei Feiertage gelegen hätten. Schließlich lägen auch keine zur Nichtigkeit der Beschlüsse führenden Gründe vor.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Kläger haben die materielle Klageerhebungsfrist nach § 46 Abs. 1 S. 2 WEG gewahrt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Zustellung der Klage demnächst i.S.v. § 167 ZPO bewirkt worden.
1. Im rechtlichen Ausgangspunkt geht das Berufungsgericht allerdings mit Recht davon aus, dass das Merkmal "demnächst" (§ 167 ZPO) nur erfüllt ist, wenn sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen halten. Dabei wird eine der Partei zuzurechnende Zustellungsverzögerung von bis zu 14 Tagen regelmäßig hingenommen (vgl. nur Senat, Urt. v. 12.1.1996 – V ZR 246/94, NJW 1996, 1060, 1061 [insoweit in BGHZ 131, 376 nicht abgedruckt]; BGH, Urt. v. 1.12.1993 – XII ZR 177/92, NJW 1994, 1073, 1074; jeweils m.w.N.), um eine Überforderung des Klägers sicher auszuschließen.
2. Darüber hinaus sieht das Berufungsgericht richtig, dass der Senat in der typisierbaren Fallgruppe des nach § 12 Abs. 1 GKG zu leistenden Gerichtskostenvorschusses eine hinnehmbare Verzögerung bejaht hat, wenn dieser nach seiner Anforderung innerhalb eines Zeitraums eingezahlt wird, der sich "um zwei Wochen bewegt oder nur geringfügig darüber liegt" (Senat, Urt. v. 30.3.2012 – V ZR 148/11, ZMR 2012, 643 f.; Urt. v. 17.9.2010 – V ZR 5/10, NJW 2010, 3376, 3377 Rn 7; Urt. v. 3.2. 2012 – V ZR 44/11, NJW-RR 2012, 527 Rn 7; Urt. v. 16.1.2009 – V ZR 74/08, BGHZ 179, 230, 235 f. Rn 16; vgl. auch jeweils obiter BGH, Urt. v. 15.11.1985 – II ZR 236/84, NJW 1986, 1347, 1348; Urt. v. 12.11.2009 – III ZR 113/09, juris Rn 21 f., insoweit in NJW 2010, 333 ff. nich...