Die Entscheidung ist im Ergebnis zutreffend.
Fiktive Kosten können niemals erstattet werden. Erstattungsfähig sind nur tatsächliche Kosten.
Die beteiligten Anwälte haben gleich mehrere Fehler begangen.
Zum einen hätte sich der Hauptbevollmächtigte gegen die Beschränkung der Prozesskostenhilfebewilligung wehren müssen. Das Gericht hat den Anwalt im Ergebnis lediglich zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts beigeordnet. In Anbetracht der Entfernung zwischen dem Sitz des Klägers und dem Ort des Gerichts hätte aber auch ein Verkehrsanwalt beigeordnet werden müssen, bzw. hätte die Beiordnung des Hauptbevollmächtigten mit der Maßgabe erfolgen müssen, dass dessen Reisekosten bis zur Höhe der Kosten eines Verkehrsanwalts übernommen werden.
Der zweite Fehler, den die Anwälte begangen haben, liegt darin, dass sie für die Terminsvertretung keine Vergütung vereinbart haben. Die Anwälte untereinander hätten vereinbaren müssen, dass der Terminsvertreter für seine Terminsvertretung eine Vergütung vom Hauptbevollmächtigten erhält. Dann wären tatsächliche Kosten angefallen.
Diese tatsächlichen Kosten wären dann auch zu erstatten gewesen, nämlich bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten, die durch die Einschaltung des Terminsvertreters vermieden worden sind.
Im Rahmen bewilligter Verfahrenskostenhilfe sind die Kosten eines für die Wahrnehmung eines Verhandlungstermins unterbevollmächtigten Rechtsanwalts gemäß § 46 RVG nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung jedenfalls in dem Umfang zu vergüten, in dem sie bei einem persönlichen Auftreten des beigeordneten Rechtsanwalts vor dem Prozessgericht entstanden wären.
OLG Hamm, Beschl. v. 18.10.2013 – 6 WF 166/13
Die Kosten des unterbevollmächtigten Anwalts sind als Auslagen in der Höhe aus der Staatskasse zu vergüten, als dadurch Reisekosten des beigeordneten auswärtigen, nicht bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts erspart worden sind.
OLG Schleswig, Beschl. v. 30.8.1984 – 9 W 79/84
Wird ein nicht beigeordneter Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung eines Termins beauftragt, hat er zwar mangels Beiordnung keinen eigenen Vergütungsanspruch gegen die Landeskasse. In diesem Fall sind aber die Kosten des Unterbevollmächtigter als notwendige Auslagen des beigeordneten Anwalts nach § 46 Abs. 1 RVG jedenfalls in dem Umfang erstattungsfähig, in dem sie bei einem persönlichen Auftreten des beigeordneten Rechtsanwalts vor dem Prozessgericht entstanden wären. Werden lediglich die Verfahrens- und die Terminsgebühr sowie die Postpauschale geltend gemacht, sodass der Landeskasse durch die Terminsvertretung des Unterbevollmächtigten keine Mehrkosten entstanden sind, so ist auch die Terminsgebühr, die zu den Auslagen des beigeordneten Rechtsanwalts gehört, erstattungsfähig.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 5.3.2007 – 10 WF 45/07
1. Wird ein Terminsverlegungsantrag des nach § 121 ZPO beigeordneten Rechtsanwalts zurückgewiesen, obwohl dieser durch einen früher anberaumten, nicht zu verlegenden Termin an der Vertretung der nicht bemittelten Partei im Termin gehindert ist und auch alle Sozien verhindert/urlaubsabwesend sind, so ist der nicht bemittelten Partei gleichwohl aufgrund der eindeutigen Regelung des § 121 Abs. 4 ZPO kein weiterer Anwalt beizuordnen.
2. Allerdings hat der beigeordnete Anwalt, der die Kosten des Terminsvertreters zu tragen hat, Anspruch auf Auslagenersatz für diese Kosten gemäß § 46 RVG gegen die Staatskasse.
LAG Niedersachsen, Beschl. v. 12.7.2006 – 10 Ta 351/06
Zur Frage, welche Kosten der vom Prozessgericht im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete auswärtige Rechtsanwalt von der Justizkasse erstattet verlangen kann, wenn den Termin ein am Sitz des Gerichts ansässiger Rechtsanwalt wahrnimmt.
KG, Beschl. v. 1.11.2004 – 19 WF 222/04
Hätten die Anwälte darauf geachtet, dass hier eine zutreffende Beiordnung erfolgt, dann wären die Kosten des Terminsvertreters bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten des klägerischen Anwalts zum Gerichtstermin bzw. einer 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3400 VV zu erstatten gewesen.
Selbst unter Berücksichtigung der fehlerhaften beschränkten Beiordnung wären immerhin noch die fiktiven Reisekosten bis zur höchstmöglichen Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks von der Landeskasse zu übernehmen gewesen.
Dieser Fall zeigt einmal wieder deutlich, dass man sich schon bereits bei der Beiordnung Gedanken machen muss. Wenn man erst im Rahmen der Vergütungsfestsetzung anfängt, zu denken, ist es zu spät.
Rechtsanwalt Norbert Schneider
AGS 12/2019, S. 574 - 577