1. "Außergerichtlicher Vergleich" genügt
Die Entscheidung des OLG Oldenburg ist im Ergebnis zutreffend. Allerdings wird häufig am Thema vorbei argumentiert. Werden in einem notariellen Vertrag anlässlich des Scheidungsverfahrens Trennungs- und Folgesachen geregelt, dann handelt es sich nicht um einen "außergerichtlichen Vergleich". Vielmehr wird der Vergleich – zumindest für den Anwalt – im gerichtlichen Verfahren geschlossen. Insoweit ist § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 RVG zu beachten. Danach gehören bereits außergerichtliche Vergleichsverhandlungen mit zum Rechtszug. Dann müssen aber erst recht solche Vergleichsabschlüsse mit zum Rechtszug gehören. Diese Verhandlungen lösen daher auch keine Geschäftsgebühr aus, sondern werden durch die Gebühren des gerichtlichen Verfahrens mit abgegolten (LG Bonn NZFam 2023, 42). Nun ist es aber schon seit BGH (NJW 1988, 494) einhellige Rspr., dass ein Vergleich, der außergerichtlich über den Streitgegenstand geschlossen wird, von der PKH/VKH-Bewilligung und Beiordnung erfasst ist. Der Leitsatz lautet wie folgt:
Zitat
"Der der Partei im Rahmen der Prozeßkostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt hat für seine Mitwirkung an einem außergerichtlichen Vergleich eine Vergleichsgebühr aus der Staatskasse zu beanspruchen."
Nichts anderes kann aber dann für Gegenstände gelten, auf die sich die Bewilligung und Beiordnung kraft Gesetzes erstreckt (OLG Köln 2006, 138). Wie das OLG zu Recht ausführt, sprechen auch Sinn und Zweck für eine Erstreckung. Wäre der Vergleich über die Folgensachen im Termin geschlossen worden, dann wäre auch nach Auffassung des FamG die Sache eindeutig gewesen. Warum sollen Anwalt und Beteiligte dann aber "bestraft" werden, wenn sie dem Gericht auch noch die Arbeit der Protokollierung abnehmen, indem sie diese selbst – hier durch Notarurkunde – bewerkstelligen.
2. Notarielle Beurkundung häufig nicht erforderlich
Unverständlich ist allerdings häufig, warum Anwälte solche Trennungs- und Folgenvereinbarungen immer notariell beurkunden lassen. Solche Vereinbarungen lassen sich doch ohne Weiteres im Termin oder ggf. sogar im Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO treffen, da die Protokollierung als gerichtlicher Vergleich gem. § 127a BGB die notarielle Beurkundung ersetzt. Dies spart den Parteien die Notarkosten.
3. § 48 Abs. 3 RVG ist nicht auf Folgesachen beschränkt
Darauf hinzuweisen ist noch, dass die Vorschrift des § 48 Abs. 3 RVG nicht nur für Folgesachen gilt, sondern auch für Trennungssachen, soweit sie unter den Katalog des § 48 Abs. 3 RVG fallen, wie z.B. Nutzungsentschädigung für die Ehewohnung in der Trennungszeit oder Trennungsunterhalt (OLG Nürnberg NJW 2011, 1297). Es muss auch nicht eine notarielle Urkunde sein, die außergerichtlich erstellt wird. Die Vorschrift des § 48 Abs. 3 RVG erstreckt sich auch auf Jugendamtsurkunden, die über den Kindesunterhalt errichtet werden (OLG Köln FamRZ 2015, 1314; OLG Celle AGS 2007, 514 = JurBüro 2006, 319).
Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen
AGS 12/2023, S. 565 - 568