Zugrunde lag ein Streitwert von bis zu 35.000,00 EUR. Ausgehend hiervon war wie folgt abzurechnen:

 
Praxis-Beispiel

I. Mahnverfahren

 
1. 1,0-Verfahrensgebühr, Nr. 3305 VV    830,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 850,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   161,50 EUR
Gesamt   1.011,50 EUR

II. Streitiges Verfahren

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV    1.079,00 EUR
2. gem. Anm. zu Nr. 3305 VV anzurechnen,    
  1,0 aus 35.000,00 EUR   -830,00 EUR
3. 0,5-Terminsgebühr, Nr. 3105 VV   415,00 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 684,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   129,96 EUR
Gesamt   813,96 EUR

Mit Einlegung des Widerspruchs ist das Verfahren für den Anwalt des Antragsgegners grundsätzlich beendet.

Stellt er den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens nach § 696 Abs. 1 ZPO und/oder beantragt er, im gerichtlichen Verfahren die Klage abzuweisen oder stellt Terminsantrag nach § 697 Abs. 3 S. 1 ZPO, löst dies bereits gem. Vorbem. 3 Abs. 3 VV eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV aus.[1]

Der Wert des streitigen Verfahrens bemisst sich dann nach dem vollen Wert der im Mahnverfahren geltend gemachten Ansprüche, da bei fehlender Anspruchsbegründung über sämtliche Ansprüche entschieden wird.[2] Die Entscheidung, dass die Klage abgewiesen wird, ergeht in Rechtskraft hinsichtlich sämtlicher im Mahnverfahren geltend gemachter Ansprüche. Faktisch handelt es sich hier um eine negative Feststellungsklage.

Im Rahmen der Kostenerstattung wird immer wieder die Auffassung vertreten, die Verfahrensgebühr der Nr. 3100 VV für den Antragsgegner sei nur dann in voller Höhe erstattungsfähig, wenn er eine gewisse Zeit abgewartet habe, um dem Antragsteller Gelegenheit zu geben, die Klage zurückzunehmen.[3]

Dies ist jedoch unzutreffend. Der Mahnantrag kann nur zurückgenommen werden, solange noch kein Streitantrag gestellt ist. Ist bereits ein Streitantrag gestellt, kann der Antrag auf Erlass des Mahnbescheides nicht mehr zurückgenommen werden. Zurückgenommen werden kann dann nur noch die Klage.

Der Antragsteller kann allenfalls davon absehen, den Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens zu stellen. Hat er bereits einen solchen Antrag gestellt, kann er ihn bis zu Beginn der mündlichen Verhandlung wieder zurücknehmen.

Damit ist dem Antragsgegner aber nicht gedient. Ihm sind Kosten im Mahnverfahren entstanden, die er bei Unbegründetheit der Forderung erstattet haben will. Einen Erstattungsanspruch kann er im Mahnverfahren jedoch nicht erreichen, da dort keine Kostenentscheidung ergeht, auch nicht bei Rücknahme des Streitantrags. Eine Kostenentscheidung kann erst im gerichtlichen Verfahren ergehen.

Dazu muss der Antragsgegner den Antragsteller aber notfalls in das streitige Verfahren zwingen, nämlich durch Stellung eines eigenen Streitantrags, wenn der Antragsteller seinerseits die Durchführung des streitigen Verfahrens nicht beantragt.

Faktisch hat der Streitantrag des Antragsgegners die Wirkung einer negativen Feststellungsklage. Der Antragsgegner muss nämlich jetzt seine Ansprüche begründen. Gelingt ihm dies nicht, wird die Klage abgewiesen und der Antragsgegner erhält eine Kostenentscheidung zu seinen Gunsten.

Es ist auch nicht einzusehen, wieso der Antragsgegner, der grundlos mit einer Forderung überzogen worden ist, soll abwarten müssen.

Er hat unter Umständen ein besonderes Interesse daran, dass schnell entschieden wird. Der Antragsteller wird nämlich durch einen Antrag auf Anberaumung der mündlichen Verhandlung unter Zugzwang gesetzt. Er muss innerhalb von zwei Wochen seine Ansprüche begründen. Gelingt ihm dies nicht, scheitert er mit seiner Klage. Es kann einem Antragsgegner nicht zugemutet werden abzuwarten, bis der Antragsteller des Mahnverfahrens sich irgendwann bequemt, die Ansprüche zu begründen.

[1] OLG Köln AGS 2007, 344; OLG Hamm AnwBl 1989, 682 = MDR 1989, 648; AnwK-RVG/Mock, Nr. 3307 Rn 24 ff.
[2] So bereits LG Augsburg AGS 2010, 198.
[3] So OLG Koblenz AGS 2010, 517 = JurBüro 2010, 257; OLG Köln JurBüro 2000, 77; OLG Koblenz AGS 2002, 140; zu Einzelheiten siehe Schneider/Thiel, ABC der Kostenerstattung "Streitiges Verfahren".

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