Leitsatz
Die Wertobergrenze nach § 39 Abs. 2 GKG ist auch für die im Insolvenzverfahren entstehenden Gerichtsgebühren beachtlich.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.4.2014 – 18 W 28/14
1 Sachverhalt
Durch Beschluss des AG ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A AG als Insolvenzschuldnerin eröffnet und der Beschwerdegegner als Insolvenzverwalter eingesetzt worden. Mit korrigierender Kostenrechnung hat das AG bei ihm einen Gerichtskostenvorschuss von EUR 67.504.368,00 angefordert, den es aus einem Gegenstandswert von 7,5 Mrd. EUR ermittelt hat. Der Betrag ist von dem Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse geleistet worden. Daraufhin hat der Insolvenzverwalter Erinnerung gegen die Kostenrechnung eingelegt und die Neuberechnung der Verfahrenskosten auf der Basis eines Verfahrenswerts von 30 Mio. EUR begehrt. Das AG hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Akte auf die Beschwerde des Insolvenzverwalters unter erneuter Nichtabhilfe dem LG als Beschwerdegericht vorgelegt. Mit Kammerbeschluss hat das LG den Beschluss des AG aufgehoben und den Kostenbeamten angewiesen, den Kostenansatz unter Berücksichtigung der Streitwertobergrenze nach § 39 Abs. 2 GKG neu zu berechnen sowie gegebenenfalls überschüssig erbrachte Zahlungen zurück zu erstatten. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache ist die weitere Beschwerde zugelassen worden. Das LG hat zur Begründung ausgeführt, die Wertobergrenze des § 39 Abs. 2 GKG sei auch im Insolvenzverfahren zu beachten. Die Bezirksrevisorin des AG als Vertreterin der Landeskasse hat weitere Beschwerde eingelegt und beantragt, diesen Beschluss unter Zurückweisung der Beschwerde aufzuheben sowie bis zu einer Entscheidung die aufschiebende Wirkung der weiteren Beschwerde anzuordnen. Sie ist der Auffassung, § 39 Abs. 2 GKG sei im Insolvenzverfahren nicht anzuwenden, u.a., weil es sich bei dem Insolvenzverfahren nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handele und § 58 GKG als abschließend regelnde Spezialvorschrift anzusehen sei. Das LG hat der weiteren Beschwerde nicht abgeholfen und die Akte dem OLG vorgelegt.
2 Aus den Gründen
In der Sache ist die weitere Beschwerde nicht begründet, denn das LG hat der Beschwerde zu Recht abgeholfen.
1. Zutreffend hat das LG die Beschwerde des Insolvenzverwalters für zulässig gehalten. Dabei ist es zu Recht von einer Beschwerde nach § 66 GKG ausgegangen. Denn eine Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorschusszahlung nach § 67 Abs. 1 GKG setzt einen förmlichen Gerichtsbeschluss (§ 63 GKG) voraus, durch den die Tätigkeit des Gerichts von der Zahlung eines Vorschusses abhängig gemacht wird (OLG Düsseldorf AGS 2009, 455). Ein solcher liegt nicht vor. Der Insolvenzverwalter ist als Partei kraft Amtes und Adressat der von ihm angegriffenen Vorschussrechnung beschwerdebefugt. Ob sein Rechtsschutzbedürfnis für eine gegen die Vorschussrechnung gerichtete Beschwerde mit Erlass einer abschließenden Kostenrechnung entfallen würde, bedarf keiner Klärung. Denn eine solche Rechnungsstellung ist bislang nicht erfolgt.
2. Das LG vertritt die Auffassung, die in dem Insolvenzverfahren entstehende Gerichtsgebühr sei nicht aus dem Wert der Insolvenzmasse von 7,5 Mrd. EUR, sondern in Anwendung des § 39 Abs. 2 GKG aus dem Wert vom 30 Mio. EUR zu berechnen.
Dies hält einer rechtlichen Überprüfung (§ 66 Abs. 4 S. 1 GKG) Stand (siehe i.E., aber ohne weitere Begründung: BGH, Beschl. v. 26.10.2006 – IX ZB 245/05).
a) Nach seiner systematischen Stellung erlaubt § 39 Abs. 2 GKG die Anwendung auf das Insolvenzverfahren, das hinsichtlich der entstehenden Kosten nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 GKG in den Geltungsbereich des Gesetzes einbezogen ist. § 39 GKG befindet sich in Abschnitt 7 des GKG, der in Unterabschnitt 1 (§§ 39–47) gesetzessystematisch vor die Klammer gezogene "Allgemeine Wertvorschriften" (Amtliche Überschrift) enthält, während der ihm folgende Unterabschnitt 2 (§§ 48–60) "Besondere Wertvorschriften" beinhaltet. Diese weisen dem jeweils genannten Verfahren spezielle Wertberechnungsregeln zu und erfassen in § 58 InsO das Insolvenzverfahren. Aus der letztgenannten Vorschrift ergibt sich kein Anhaltspunkt für die etwaige Nichtanwendbarkeit des § 39 Abs. 2 GKG.
Soweit demgegenüber die Vertreterin der Landeskasse ausführt, es handele sich bei § 58 GKG um eine abschließende Sondervorschrift, es könne nicht davon ausgegangen werden, "dass der 1. Unterabschnitt als “vor die Klammer gezogen‘ auch für die im 2. Unterabschnitt geregelten Fälle zu gelten habe", kann dem gerade nicht gefolgt werden. Denn es erschließt sich aus der Gesetzessystematik nicht, warum die §§ 39–47 GKG für das Insolvenzverfahren bereits grundsätzlich nicht anzuwenden sein sollten, während sie für andere Verfahren der §§ 48 ff. GKG, so insbesondere die in § 48 GKG erfassten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, ohne Zweifel heranzuziehen sind. Angesichts dessen verfängt auch das Argument der Beschwerdeführerin nicht, § 58 GKG enthalte keinen Hinweis auf die Anwendbarkeit des § 39 GKG. Denn zur Anwendung des § 39 GKG auf das Insolvenzverfahren bedarf es au...