Es ist eine Frage der geistigen Hygiene, auch solche Fehlentscheidungen von Gerichten zu kritisieren, die – ausnahmsweise – einmal anwaltsfreundlich sind!
Gerade das OLG Koblenz hat sich schon des Öfteren durch solch anwaltsfreundliche, wenn auch fehlerhafte, Entscheidungen ausgezeichnet.
Es sei erinnert an jene etwas skurrile Entscheidung des OLG Koblenz, nach der der Austausch von Emails eine Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV auslösen könne, eine Entscheidung freilich, die erwartungsgemäß vom BGH sofort korrigiert wurde.
Ebenso überraschend war der Versuch des OLG Koblenz, unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 GG dem noch nicht mit einem Verfahrensauftrag versehenen Antragsgegnervertreter die Terminsgebühr nach dieser Vorschrift zuzusprechen.
Diese Entscheidung wurde zwar überraschenderweise vom BGH bestätigt, was dann aber den Gesetzgeber auf den Plan rief, der die Vorbem. 3 VV mit einer klarstellenden Gesetzesänderung versehen hat.
Und unvergessen ist sicherlich auch eine weitere – diesmal eher anwaltsunfreundliche – Entscheidung des OLG Koblenz, wonach man eine unangemessen niedrige Gebühr "fiktiv" für die spätere Anrechnung heraufsetzen könne.
In die Reihe der erstgenannten Entscheidungen fügt sich der Hinweisbeschluss vom 11.7.2012 ein, und auch Winkler scheint die Auffassung zu vertreten, dass ein fehlender Hinweis nach § 49b Abs. 5 BRAO für einen damit verbundenen Schadensersatzanspruch dann unbeachtlich sei, wenn der Mandant zuvor die Wirksamkeit einer Vergütungsvereinbarung angegriffen habe.
Es wäre hilfreich gewesen, wenn man sich mit der hierzu ergangenen Rspr. beschäftigt hätte, die insbesondere im Hinweisbeschluss des OLG Koblenz praktisch vollständig fehlt. Zwar gelangt das OLG Koblenz unter Hinweis auf die nun wirklich allseits bekannte Rspr. zu der zutreffenden Feststellung, dass ein Verstoß gegen die Hinweispflicht auch Schadensersatzansprüche auslösen kann, die dann folgenden Überlegungen zu Treu und Glauben lassen aber jegliche Auseinandersetzung mit der Rspr. vermissen, die möglicherweise in Koblenz nicht bekannt ist oder nicht berücksichtigt werden sollte.
Bereits die Zitatstelle, die Winkler in seinem Aufsatz mit der unzutreffenden Bemerkung erwähnt, Mayer setze sich dort wohl als einziger mit der Thematik eher beiläufig auseinander, gibt die herrschende Ansicht – ebenso wie andere Kommentatoren – durchaus zutreffend wieder.
Tatsächlich hat bereits der BGH darauf verwiesen, dass sich der Rechtsanwalt nicht mit Hilfe seiner eigenen gebührenrechtlichen Inkompetenz auf die höhere gesetzliche Vergütung berufen könne, wenn er selbst die dem Mandanten zugesicherte niedrigere vereinbarte Vergütung unwirksam gestaltet habe.
Solche Entscheidungen sind erst unlängst durch das AG München und das OLG München bestätigt worden.
Allein die lesenswerte und wichtige Entscheidung des OLG Hamm vom 16.6.2009 hätte das OLG Koblenz eines Besseren belehren können.
Dort wird praktisch schulbuchmäßig vorgeführt, welche Folgen es hat, wenn eine unwirksame Vergütungsvereinbarung auf einen fehlenden Hinweis nach § 49b Abs. 5 BRAO trifft.
Möglicherweise ist der Prozess vor dem OLG Koblenz allerdings von dem Mandanten auch falsch geführt worden, hätte er sich doch problemlos auf die hier zitierte anderslautende Rspr. berufen können und dem Rechtsanwalt wohl auch entgegenhalten können, dass er im vorangegangenen Verfahren auf die vermeintlich berechtigten gesetzlichen Gebühren schon hätte hinweisen müssen, und sei es auch nur hilfsweise!
Aber an einer inkompetenten Prozessführung sind ja bei ähnlicher Fallgestaltung letztendlich schon des Öfteren Schadensersatzansprüche gescheitert, die bei richtigem Sachvortrag problemlos hätten durchgesetzt werden können.
Und insoweit ist es sicherlich richtig, dass Winkler in seinem Aufsatz zumindest am Ende die kluge Empfehlung ausspricht, in Vergütungsvereinbarungen generell die von ihm vorgeschlagene Klausel aufzunehmen.
Autor: von Rechtsanwalt Herbert P. Schons, Duisburg
AGS 3/2014, S. 105