ZPO §§ 91, 100, 104, 106 RVG § 7 RVG VV Nr.
Leitsatz
- Zur Kostenerstattung bei Streitgenossen mit gemeinsamem Prozessbevollmächtigten, wenn einer obsiegt, der andere unterliegt und auch der Gegenstandswert unterschiedlich ist.
- Erstattungsanspruch einer Partei mit Wohnsitz im Ausland (Paris), die für einen in Deutschland (Trier) zu führenden Rechtsstreit Prozessbevollmächtigte am dritten Ort (Düsseldorf) und für die Vertretung im Gerichtstermin Unterbevollmächtigte am vierten Ort (Wittlich) beauftragt.
OLG Koblenz, Beschl. v. 16.1.2014 – 14 W 28/14
1 Sachverhalt
Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner Maklerlohn eingeklagt. Mit Urt. v. 2.11.20012 hat das LG die Klage gegen die Beklagte zu 2) abgewiesen, den Beklagten zu 1) antragsgemäß verurteilt und seine Widerklage gegen die Klägerin zurückgewiesen. Die Beklagten, die in Paris wohnen, wurden von einem gemeinsamen Prozessbevollmächtigten in Düsseldorf vertreten, der seinerseits im Termin in Trier von einem in Wittlich ansässigen Anwalt in Untervollmacht vertreten wurde.
Im Verhältnis der Beschwerdebeteiligten hat die Klägerin nach der Kostengrundentscheidung die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) nach einem Wert von 4.200,00 EUR zu tragen. Im Übrigen ist der Verfahrenswert auf 14.200,00 EUR festgesetzt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Rechtspflegerin die bei dem Beklagtenvertreter insgesamt entstandenen Kosten ermittelt und nach Wertverhältnissen verteilt. Mit ihrem Rechtsmittel beanstandet die Klägerin die Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Kosten der Beklagten zu 2).
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin hatte (vorläufig) Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben und die Sache ist an das LG zurückzuverweisen, weil sie auf fehlerhafter Grundlage ergangen und noch nicht zur Entscheidung reif ist.
Nach § 7 RVG erhält ein Rechtsanwalt, der in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig wird die Gebühren nur einmal. Jeder der Auftraggeber schuldet die Gebühren und Auslagen, die er schulden würde, wenn der Rechtsanwalt nur in seinem Auftrag tätig geworden wäre (§ 7 Abs. 2 RVG). Die nähere Ausgestaltung des Anspruchs ergibt sich sodann aus Nr. 1008 VV.
Vorliegend waren die Kosten zu ermitteln, die die Beklagte zu 2) im Innenverhältnis der Parteien nach einem Wert von 4.200,00 EUR dem gemeinsamen Bevollmächtigten geschuldet hätte (anschaulich dazu Bräuer/Bischof. RVG, 6. Aufl. Nr. 1008 VV Rn 102 ff.). Diese waren ins Verhältnis zu setzen zu den dem Beklagten zu 1) aus dem Wert von 14.200,00 EUR (nicht: 10.000,00 EUR) entstandenen Kosten, weil der siegreiche Streitgenosse nur eine seinem Kopfteil entsprechende Erstattung verlangen kann (BGH MDR 2003, 1140; Zöller/Herget, 30. Aufl. 3 91 RN 13, Stichwort: Streitgenossen.
Bei der Ermittlung der notwendigen Kosten beider Beklagten (§ 91 ZPO) ist zu berücksichtigen, dass diese grundsätzlich berechtigt gewesen wären (OLG München v. 16.2.2011 – 11 W 224/11; OLG Köln v. 1.12.2008 – 17 W 211/08 u. KG v. 27.8.2009 – 2 W 262/08), entweder die Kosten für einen Verkehrsanwalt in Paris und einen Hauptbevollmächtigten in Trier oder die für einen Hauptbevollmächtigten in Trier und für zwei (Partei-) Informationsreisen nach Trier anzumelden (Vorbereitung der Klageerwiderung und Stellungnahme zum Hinweisbeschluss. Diese fiktiven Kosten sind zu ermitteln und den tatsächlich entstanden Kosten gegenüberzustellen.
Bei der Neufestsetzung wird zu beachten sein, dass nur die Klägerin ein Rechtsmittel eingelegt hat, sodass sich eine eventuelle Verschlechterung zu ihrem Nachteil nicht auswirken darf.
Mitgeteilt von RiOLG Ernst Weller, Koblenz
AGS 3/2014, S. 152 - 153