Leitsatz
- Der Antrag auf Beiordnung eines Anwalts kann auch konkludent gestellt werden.
- Von einer solchen konkludenten Antragstellung ist stets auszugehen, wenn die antragstellende Partei bereits anwaltlich vertreten ist.
- In Verfahren auf Vollstreckung von Unterhaltstiteln ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Regelfall notwendig.
LG Stade, Beschl. v. 29.4.2014 – 9 T 38/14
1 Sachverhalt
Die Gläubigerin strebt mit ihrer sofortigen Beschwerde eine Ergänzung des Beschlusses des AG dahingehend an, dass ihre Verfahrensbevollmächtigte im Rahmen der für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bewilligten Prozesskostenhilfe beigeordnet wird.
Der am 11.1.1998 geborenen Gläubigerin steht nach dem Beschluss des AG Kindesunterhalt gegen den Schuldner zu. Sie beantragte über ihre Verfahrensbevollmächtigte, beim AG gegen den Schuldner einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu erlassen, mit dem die angeblichen Ansprüche des Schuldners aus seinen vertraglichen Rechtsverhältnissen mit der C AG gepfändet werden sollten. Zugleich beantragte sie, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Einen ausdrücklichen Antrag, hierbei auch ihre Verfahrensbevollmächtigte im Rahmen der Prozesskostenhilfe beizuordnen, stellte sie nicht.
Das AG bewilligte der Gläubigerin Prozesskostenhilfe für den "Pfändungsauftrag laut Gläubigerantrag vom … an den Gerichtsvollzieher" und bestimmte dabei, dass monatliche Raten auf die Verfahrenskosten nicht zu zahlen sind. Eine Entscheidung über die Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin erging hierbei nicht.
Später beantragte die Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin, ihr aufgrund der bewilligten Prozesskostenhilfe aus der Landeskasse Gebühren und Auslagen zu zahlen. Auf den mit Schreiben der Kostenbeamtin erteilten Hinweis, dass der Beschluss keine Beiordnung enthalte, beantragte sie, den Beschluss entsprechend zu ergänzen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei so zu verstehen gewesen, dass auch die Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten erfolgen sollte. In dem vorgegebenen Formular sei dies nicht vorgesehen, sodass "diesseits" unterstellt worden sei, dass bei Beantragung durch einen Rechtsanwalt automatisch auch dessen Beiordnung beantragt sei. Vorsorglich wurde darum gebeten, das Schreiben als Beschwerde zu verstehen.
Das AG sah das Schreiben als sofortige Beschwerde an und half dieser nicht ab. In dem Antrag sei lediglich um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht worden. Ein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts sei hingegen nicht gestellt worden. Der Ansicht, dass ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, der von einem Rechtsanwalt gestellt wird, zugleich stillschweigend auch den Antrag beinhalte, den Anwalt beizuordnen, sei nicht zu folgen. Das Formular lasse im Übrigen Ergänzungen zu, sodass man einen entsprechenden Antrag dort hätte einfügen können. Eine anwaltliche Vertretung sei in den Zwangsvollstreckungsverfahren nicht vorgeschrieben. Eine stillschweigende Beiordnung komme in Verfahren ohne Anwaltszwang nicht in Betracht. Nachträglich könne ein Rechtsanwalt nicht mehr beigeordnet werden, wenn es versäumt wurde, rechtzeitig einen ausdrücklichen Beiordnungsantrag zu stellen.
2 Aus den Gründen
Statthafter Rechtsbehelf für das von der Gläubigerin verfolgte Rechtsschutzziel – die Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten – ist die sofortige Beschwerde. Entscheidungen im Prozesskostenhilfeverfahren können nach § 127 ZPO Abs. 2 S. 2 ZPO vom Antragsteller – hier also der Gläubigerin – mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Zu den anfechtbaren Entscheidungen zählt dabei auch die Verweigerung der Beiordnung bzw. die Nichtbeiordnung eines Rechtsanwalts (vgl. Fischer in Musielak, ZPO, 10. Aufl. (2013), § 127 Rn 14; Kratz in Beck'scher Online-Kommentar ZPO (Stand: 15.3.2014), § 127 Rn 21). Der als "Beschwerde" erhobene Rechtsbehelf ist mithin als sofortige Beschwerde auszulegen.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdefrist von einem Monat (§ 127 Abs. 2 S. 3 ZPO) ist gewahrt.
In der Sache erweist sich die sofortige Beschwerde als begründet. Die Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin ist dieser im Rahmen der Prozesskostenhilfe beizuordnen, da dies stillschweigend rechtzeitig beantragt wurde und sich die Beiordnung eines Rechtsanwalts auch in der Sache als erforderlich erweist.
Nach § 121 Abs. 2 ZPO wird der Partei in den Verfahren, bei denen eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn dies erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Zu den Verfahren ohne Anwaltszwang zählen auch die Zwangsvollstreckungssachen. Da der Schuldner seinerseits in dem Verfahren nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, richten sich die Voraussetzungen für die Beiordnung hier danach, ob eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich ist. Den zur Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten erforderlichen An...