Leitsatz
Über den Wortlaut des § 78 Abs. 2 FamFG hinaus zu berücksichtigende Umstände wie in der Person des antragstellenden Kindesvaters liegende subjektive Umstände, der an einer depressiven Störung litt und leidet, daher seinen Beruf nicht mehr ausüben kann und wegen dieser gesundheitlichen Beeinträchtigung an einer Rehabilitationsmaßnahme teilnahm, die erst kurz vor dem Termin beendet war, können die Beiordnung eines Rechtsanwalts auch in einem Vermittlungsverfahren gem. § 165 FamFG erforderlich erscheinen lassen.
OLG Köln, Beschl. v. 9.1.2015 – 4 WF 160/14
1 Aus den Gründen
Die gem. § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und im Übrigen gem. §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Kindesvaters hat auch in der Sache Erfolg.
Der im Tenor näher bezeichnete Beschluss des AG, mit dem dieses den Antrag des Kindesvaters, ihm im Anschluss an den zum Verfahren des AG geschlossenen, gerichtlich gebilligten Vergleich zur Regelung seines Umgangs mit dem betroffenen Kind für ein Vermittlungsverfahren gem. § 165 FamFG Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und ihm Rechtsanwalt G zur unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte beizuordnen, zurückgewiesen hat, hat keinen Bestand.
(1) Das gilt zunächst, soweit das AG den Antrag des Kindesvaters ohne Differenzierung zwischen der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und der anhand anderer gesetzlicher Grundlage zu beurteilenden Beiordnung eines Rechtsanwalts insgesamt zurückgewiesen hat. Dem Kindesvater ist Verfahrenskostenhilfe ohne Rücksicht darauf zu bewilligen, ob auch die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts gegeben sind. Selbst wenn eine Beiordnung nicht erfolgt und damit das die Vergütung des eigenen Verfahrensbevollmächtigten betreffende Risiko bleibt, besteht für den Hilfesuchenden im Hinblick auf den Rest der außergerichtlichen Kosten und auf die Gerichtskosten ein Interesse an der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Die Voraussetzungen der insoweit einschlägigen Vorschriften (§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO) liegen vor. Die hinreichende Erfolgsaussicht des Antrages auf Durchführung eines Umgangsvermittlungsverfahrens nach § 165 FamFG ist gegeben gewesen und auch vom AG gesehen worden, wie dieses mit der Bestimmung eines Verhandlungstermins unter Ladung der Kindeseltern und des betroffenen Kindes zum Ausdruck gebracht hat. Aus der von dem Kindesvater zur Akte eingereichten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse folgt auch seine Bedürftigkeit.
(2) Darüber hinaus ist dem Kindesvater für die Durchführung des Umgangsvermittlungsverfahrens auf seinen Antrag ein Rechtsanwalt beizuordnen:
(2.1) Die Voraussetzungen der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen einer bewilligten Verfahrenskostenhilfe sind in § 78 FamFG geregelt. Für Verfahren, in denen eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, wird dem Beteiligten nach Abs. 2 dieser Vorschrift auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Bei dem vorliegenden Verfahren über das Umgangsrecht handelt es sich um eine selbstständige Kindschaftssache i.S.v. § 151 Nr. 2 FamFG, für die ein Anwaltszwang – anders als gem. § 114 Abs. 1 FamFG für Ehe- und Folgesachen – nicht besteht.
(2.2) Zwar erfordert die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage für ein Umgangsvermittlungsverfahren, in dem es um die Frage der weiteren Ausgestaltung des bereits durch gerichtliche Entscheidung oder gerichtlich gebilligten Vergleich geregelten Umgangs zwischen einem minderjährigen Kind und dem nicht betreuenden Elternteil geht, in der Regel die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht. Insoweit schließt sich der Senat der in der obergerichtlichen Rspr. wohl allgemein vertretenen Meinung (OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.3.2013 – 5 WF 52/13; OLG Hamm, Beschl. v. 28.12.2011 – 8 WF 299/11; OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.12.2010 – 11 WF 325/10; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.7.2010 – 2 WF 77/10; OLG Celle, Beschl. v. 15.2.2010 – 10 WF 59/10 [= AGS 2010, 187]) an. Der Zweck des Vermittlungsverfahrens besteht darin, Einvernehmen zwischen den Eltern über die Ausübung des Umgangs herbeizuführen, um eine das Kind belastende gerichtliche Vollstreckung des Umgangsrechts entbehrlich zu machen und die Belastung des Kindes bei der Ausübung des Umgangs möglichst gering zu halten. Das Umgangsvermittlungsverfahren ist von einer umfangreichen Tätigkeit des Gerichts von Amts wegen geprägt mit dem Ziel, mit den Eltern eine einvernehmliche Regelung zu erarbeiten. Hierfür sieht § 165 FamFG in Abs. 3 umfangreiche Belehrungspflichten des Gerichts und in Abs. 4 die Verpflichtung des Gerichts vor, auf ein Einvernehmen hinzuwirken. Im Fall der Erfolglosigkeit des Vermittlungsverfahrens hat das Gericht nach Abs. 5 zu prüfen, ob weitere Maßnahmen veranlasst sind. Zu berücksichtigen ist auch, dass Voraussetzung für die Durchführung eines Umgangsvermittlungsverfahrens is...