Die Revisionsentscheidung in dieser Sache wird zwischenzeitlich geradezu textbausteinartig von Rechtsschutzversicherern zitiert, freilich in einer sinnentstellenden Weise, die schon dem schieren Wortlaut der Entscheidung widerspricht und zudem dem verunglückten Verfahrensgang keine Rechnung trägt.
a) Man ahnt das Unheil schon, wenn der Richter die mündliche Verhandlung mit den launigen Worten "Als ich mir gestern Abend die Akte das erste Mal angesehen habe, fiel mir auf …" eröffnet. Dass die Revisionsentscheidung – unter Rn 6 – Ausführungen des Berufungsurteils zur Zulässigkeit der Klage zu referieren hat, beruht darauf, dass sich der Bremer Amtsrichter einen schlanken Fuß gemacht und die Klage wegen des nicht durchlaufenen Festsetzungsverfahrens nach § 11 RVG als angeblich unzulässig abgewiesen hatte (dazu s.o. 5. a)), ohne sich also mit den Sachfragen des Falles zu befassen.
b) Damit wurde die Berufungskammer zur ersten, somit einzigen Tatsacheninstanz des Falles und lehnte sich weitgehend an die ihr vorgelegte Entscheidung des LG Berlin, s.o. 3. a), an. Die drei Merkmale des inneren Zusammenhanges, des gemeinsamen Rahmens und des einheitlichen Auftrages werden jeweils knapp bejaht, letzteres mit der "Begründung", dass das jeweils erteilte Mandat schon in erster Instanz, aber auch im Berufungsverfahren im Zusammenhang mit und nicht losgelöst von anderen Mandaten gesehen werden kann. Das ist alles dazu und ist offensichtlich zirkulär, da keine Antwort, sondern lediglich eine andere Einkleidung der Frage. Eine Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen oder dem konkreten Inhalt der Auftragserteilung des Mandanten an seine Prozessbevollmächtigten fehlt.
c) Auf die zugelassene und eingelegte Revision nahm sich nunmehr der für das Vergütungsrecht zuständige IX. Zivilsenat der Sache an und hielt das Berufungsurteil mit knappen Worten zur Zulässigkeit der Klage – wobei freilich in der mündlichen Verhandlung über die Vorschussklage als solche gespöttelt wurde: "Zulässig ist das schon, aber was soll denn so etwas …?" – und etwas breiterer Begründung, warum die tatrichterliche Würdigung des Einzelfalles durch die Vorinstanz revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sei (auch wenn es, siehe eben, eigentlich gar keine tatrichterlichen Feststellungen zum Mandantenauftrag gab, die den Namen verdient hätten, aber gut). Den weitaus größten Raum der Entscheidung nimmt die Rezitation der bereits langjährig feststehenden Rechtsprechung zum Begriff der Angelegenheit ein, an der sich praktisch alle vorbefassten Gerichte orientiert oder wenigstens zu orientieren versucht hatten (Rn 13–17). Knapp erörtert wird zudem unter Rn 24, nach Auffassung des Autors zutreffend und entgegen der Ansicht des KG s.o. 3. b), dass vom Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nicht ausgegangen werden könne.
Nicht nachvollziehbare Fehlgriffe in mehrfacher Hinsicht bietet die Entscheidung in Rn 22, dazu unter VI., doch bleibt dessen noch ungeachtet vor allem einmal festzuhalten, wie der amtliche Leitsatz der Entscheidung lautet: Es "kann" gebührenrechtlich dieselbe Angelegenheit gegeben sein, steht dort zu lesen; wie auch in Rn 12 ausdrücklich auf die "Umstände des Streitfalls" abgestellt wird. Daraus folgt, dass es unter anderen Umständen oder auch nur, revisionsrechtlich präziser gesagt, unter tatrichterlich anders gewürdigten Umständen eines Streitfalls auch anders sein kann, mithin die Mandate der Streitgenossen vergütungsrechtlich als "verschiedene Angelegenheiten" zu würdigen sind. Die von Rechtsschutzversicherern gern und oft vertretene These, der BGH habe "geklärt", dass in der aktiven Streitgenossenschaft quotal abzurechnen sei, ist demnach haltlos: Einen solchen Obersatz hat der IX. Senat nicht aufgestellt und ersichtlich auch nicht aufstellen wollen.
Enttäuschend fällt Rn 25 Satz 1 der Entscheidung aus, wo es wieder einmal nur heißt: "Demnach" kann die Klägerin von der Beklagten als Vorschuss nur einen Bruchteil der Verfahrensgebühr aus dem Gesamtstreitwert für das Berufungsverfahren … verlangen, wobei der Bruchteil der Höhe ihres Anteils an dem Gesamtstreitwert entspricht. Ein klarer Fall richterlicher Leistungsverweigerung: denn in der Klageschrift war hier wie in allen Fällen der Serie des langen und breiten dargelegt worden, dass zentrale Motivation ihrer Einreichung gerade die Begründungslosigkeit dieses "demnach" ist. Darauf nach drei Instanzen vom höchsten deutschen Zivilgericht als Antwort "Es ist so, weil es so ist" zu bekommen, statt auch nur den Ansatz oder sogar nur Anschein einer rechtlichen Herleitung zu geben, oder wenigstens zu geben zu versuchen, ist äußerst unbefriedigend. "Demnach"? Wonach?