Leitsatz
Da die Empfangnahme von Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber zu den mit den erstinstanzlichen Gebühren abgegoltenen Nebentätigkeiten gehört, erfordert die Festsetzung der Gebühr nach Nr. 3201 VV die Glaubhaftmachung eines Auftrags und eine daran anknüpfende Anwaltstätigkeit im Berufungsverfahren (hier verneint).
OLG Koblenz, Beschl. v. 21.9.2015 – 14 W 568/15
1 Aus den Gründen
Die zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG betreffend die Kosten des Berufungsverfahrens ist begründet. Der Beklagten steht kein Festsetzungsanspruch in Höhe der geltend gemachten Vergütung zu.
Es ist schon zweifelhaft, ob der Beklagten nach §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3201 VV und Vorbem. 3 Abs. 2 VV Kosten in Höhe einer 1,1-fachen Verfahrensgebühr für ihren Prozessbevollmächtigten entstanden sind. Voraussetzung ist ein Prozessauftrag für die Vertretung im Berufungsverfahren. Einen solchen Auftrag hat die Beklagte weder behauptet noch nach § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO glaubhaft gemacht. Weder der Kostenfestsetzungsantrag noch die weiteren Stellungnahmen verhalten sich hierzu. Da sich die Beklagte zu keinem Zeitpunkt im Berufungsverfahren geäußert hat, war die Beauftragung auch nicht aktenkundig und hierdurch glaubhaft gemacht. Hierauf hat der Senat ausdrücklich hingewiesen.
Die Stellungnahme übersieht § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO.
Die Frage der Beauftragung kann allerdings im Ergebnis dahinstehen. Sind die Kosten entstanden, sind sie der Beklagten nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO nämlich nur dann zu erstatten, wenn sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Frage, ob aufgewendete Prozesskosten notwendig sind, bestimmt sich grundsätzlich danach, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei eine die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Die Berufung wurde ausdrücklich nur zur Fristwahrung eingelegt. Konsequent haben sich die Bevollmächtigten der Beklagten darauf auch weder bestellt noch einen Sachantrag gestellt. In der Folge wurde die Berufung auch über den Zeitpunkt der Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist hinaus nicht begründet, so dass sich auch daraus kein Erfordernis ableitete, irgendwelche Aktivitäten zu entfalten. Die Berufung wurde dann zurückgenommen. Auch auf diesen Aspekt hat der Senat hingewiesen, ohne darauf eine sachgerechte Stellungnahme erhalten zu haben.
Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, dass ihre Prozessbevollmächtigten über Neben- und Abwicklungstätigkeiten hinausgehende Aktivitäten entfaltet haben. Dies ist zunächst in formaler Hinsicht nicht glaubhaft gemacht (§ 104 Abs. 2 S. 1 ZPO) und bleibt sodann in der Beschreibung diffus. Es ist nicht zu ersehen, dass die theoretisch beschriebenen Voraussetzungen für den Anfall der Verfahrensgebühr im Berufungsverfahren im konkreten Fall auch tatsächlich vorlagen. Vor diesem Hintergrund ist der Verweis auf den Beschluss des BGH vom 25.10.2012 (IX ZB 62/10 [= AGS 2013, 7]) unbehelflich.
AGS 3/2016, S. 151 - 152