Leitsatz
Ergeht eine Kostenentscheidung im schriftlichen Verfahren, löst dies für die beteiligten Anwälte keine Terminsgebühr aus.
OLG Hamburg, Beschl. v. 2.12.2015 – 8 W 117/15
1 Sachverhalt
Im vorangegangenen Verfügungsverfahren hatte die Antragsgegnerin Widerspruch gegen eine vom LG erlassene einstweilige Verfügung erhoben. Hierin enthalten war eine Unterlassungsverpflichtung, was zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung führen sollte, sowie die Erklärung, dass sich die Antragsgegnerin bereits jetzt an eine etwaige Erledigungserklärung der Antragstellerin anschließe. Schließlich regte die Antragsgegnerin "für diesen Fall eine Entscheidung über die Kosten nach § 91a ZPO im schriftlichen Verfahren" an.
Hierauf hatte die Antragstellerin die Hauptsache für erledigt erklärt und sich der Anregung der Antragsgegnerin angeschlossen, "die Kostenentscheidung gem. § 91a ZPO im schriftlichen Verfahren zu treffen".
Das LG traf sodann nach § 91a ZPO eine Entscheidung über die Kosten. Danach hatte von den Kosten des Erlassverfahrens die Antragstellerin 23 % und die Antragsgegnerin 77 % zu tragen und von den Kosten des Widerspruchsverfahrens die Antragsgegnerin 100 %. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin wurde vom OLG zurückgewiesen.
Das LG ist in der Kostenfestsetzung der Auffassung der Antragstellerin gefolgt, nach der die Voraussetzungen für die Festsetzung einer 1,2-Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV vorlägen. Es handele sich um eine Widerspruchssache, die nach § 924 ZPO eine mündliche Verhandlung erfordert habe. Beide Parteien seien sich nach ihren schriftsätzlichen Äußerungen einig gewesen, dass die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO in einem schriftlichen Verfahren getroffen werden sollte.
Diese Ansicht bekämpft die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie betont, dass vorliegend nach übereinstimmender Erledigungserklärung eine Entscheidung nach § 91a ZPO ohne mündliche Verhandlung getroffen worden sei. Dies erfülle die Voraussetzung von Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV nicht, weil die Entscheidung nicht auf einem Verfahren beruhe, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei.
Die Antragstellerin macht hiergegen geltend, die Antragsgegnerin übersehe, dass sie nicht lediglich einen Kostenwiderspruch, sondern einen Vollwiderspruch erhoben habe. Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die nach §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist im vollen Umfang begründet.
Eine der Kostenfestsetzung zugängliche 1,2-Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV ist vorliegend nicht entstanden.
Eine Terminsgebühr entsteht gem. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten oder gem. §§ 307 oder 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Daran fehlt es hier.
Zwar ist der Antragstellerin darin beizupflichten, dass das zunächst betriebene Widerspruchsverfahren nach § 924 ZPO eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Es fehlt aber an der weiteren Voraussetzung, dass eine Entscheidung in diesem Verfahren im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung getroffen worden ist. Zwar haben die Parteien übereinstimmend erklärt, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden zu sein. Für maßgeblich hält der Senat aber, dass vorliegend nach übereinstimmender Erledigterklärung der Parteien über die Kosten in dem Verfahren nach § 91a ZPO zu entscheiden gewesen ist. In diesem Verfahren fehlt es indes an der für das Entstehen der Gebühr hier maßgeblichen Voraussetzung einer vorgeschriebenen mündlichen Verhandlung (ebenso zum Verfahren nach § 91a ZPO: BGH NJW 2008, 668 [= AGS 2008, 610]; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.9.2006 – 16 WF 115/06 [= AGS 2007, 346]).
Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift scheidet vorliegend aus. Die höchstrichterliche Rspr. betont insoweit, dass der Gesetzgeber trotz verschiedener Änderungen der ZPO und der maßgeblichen Kostenvorschriften den Fall der übereinstimmenden Erledigungserklärung mit der Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss nach §§ 91a, 128 Abs. 3, 4 ZPO nicht in die Ausnahmevorschrift der Nr. 3104 VV aufgenommen hat. Das schließt eine Ausweitung der Ausnahmebestimmung auf diesen Fall im Wege der Analogie aus (BGH a.a.O.).
AGS 3/2016, S. 117 - 118