Leitsatz
- Beim Vorliegen eines Stufenantrages ist für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche, und zwar der höhere, maßgebend. Bei der noch unbezifferten Leistungsstufe ist die Erwartung des Antragstellers von der Höhe seines Anspruchs maßgebend. Diese Grundsätze gelten auch für die sogenannte "steckengebliebene" Stufenklage, also wenn es im gerichtlichen Verfahren nicht mehr zur Bezifferung kommt.
- Bei der Stufenklage nach § 254 ZPO gehören nach überwiegender Ansicht alle Stufen zum Rechtszug und werden grundsätzlich von der Entscheidung über Verfahrenskostenhilfe anlässlich der Auskunftsstufe umfasst.
OLG Schleswig, Beschl. v. 8.8.2013 – 15 WF 269/13
1 Sachverhalt
Mit Schriftsatz vom 5.12.2013 hat die Antragstellerin die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für einen Stufenantrag beantragt, der auf der ersten Stufe die Verpflichtung zur Auskunft sowie zur Vorlage von Belegen umfasste. Die zweite Stufe betraf die Verpflichtung des Antragsgegners zur Versicherung an Eides statt. Auf der dritten Stufe begehrte die Antragstellerin die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung eines noch unbezifferten Trennungsunterhalts. Sie hat zunächst die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt und hat die angekündigten Anträge unter den Vorbehalt der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gestellt. Sie hat ausgeführt, dass sie von einer Leistungsfähigkeit des Antragsgegners zur Zahlung von Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 450,00 EUR ausgeht. Mit Schriftsatz vom 16.1.2013 hat sie die begehrte Auskunft für erledigt erklärt. Mit Beschl. v. 29.1.2013 hat das FamG der Antragstellerin für den Antrag zu 1) (Auskunfts- und Belegvorlageanspruch) Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten bewilligt und die Antragschrift an den Bevollmächtigten des Antragsgegners zugestellt. Mit Schriftsätzen vom 18.3.und 27.3.2013 haben die Beteiligten das Verfahren für erledigt erklärt. Mit Beschl. v. 6.5.2013 hat das FamG eine Kostenentscheidung getroffen und den Verfahrenswert auf 5.400,00 EUR festgesetzt. Mit Beschl. v. 27.6.2013 hat das FamG den Verfahrenswert auf 1.080,00 EUR abgeändert.
Mit ihrer Beschwerde vom 19.7.2013 begehren die Bevollmächtigten der Antragstellerin die Festsetzung des ursprünglichen Streitwerts.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde gegen den Wertfestsetzungsbeschluss ist gem. § 59 Abs. 1 FamGKG i.V.m. § 32 Abs. 2 RVG zulässig. Der erforderliche Beschwerdewert (vgl. Hartmann, KostG, 42. Aufl. § 32 RVG Rn 17) von 200,00 EUR ist überschritten. Schon unter Berücksichtigung von 1,3-Anwaltsgebühren nach § 13 RVG ergibt sich eine Differenz von mindestens 253,00 EUR.
Indes führt die Herabsetzung des Verfahrenswertes auf Seiten der Antragstellerin regelmäßig nicht zu einer Beschwer (vgl. OLG Brandenburg NJW-RR 2005, 80; Keske, in: Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 3. Aufl., § 59 FamGKG Rn 5). Der verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwalt kann daher gem. § 32 Abs. 2 RVG aus eigenem Recht, das heißt im eigenen Namen, Beschwerde gegen eine zu niedrige Wertfestsetzung einlegen. Soweit – wie hier – eine Erhöhung des Verfahrenswertes angestrebt wird, ist trotz nicht ausdrücklich im eigenen Namen eingelegte Beschwerde, diese entsprechend auszulegen (OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 1669). Aus der Gesamtschau ergibt sich, dass der Bevollmächtigte der Antragstellerin die Wertfestsetzung im Beschl. v. 27.6.2013 angreift. Soweit er in seiner Beschwerdeschrift vom 19.7.2013 den Beschl. v. 6.5.2013 angreift, handelt es sich nach Überzeugung des Senates um ein offensichtliches Schreibversehen; andernfalls wäre die Bezugnahme auf das Schreiben des Bevollmächtigten vom 4.6.2013 nicht nachvollziehbar. Seine Beschwerde zielt ersichtlich auf die Wiederherstellung der Wertfestsetzung vom 6.5.2013 ab.
Die Beschwerde ist auch begründet und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
Die Berechnung des Verfahrenswertes ergibt sich aus §§ 51 Abs. 1 und Abs. 2 FamGKG i.V.m. den §§ 34, 38 FamGKG. In Unterhaltssachen, die Familienstreitsachen sind und wiederkehrende Leistungen betreffen, ist der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung des Antrags geforderte Betrag maßgeblich, höchstens jedoch der Gesamtbetrag der geforderten Leistung, § 51 Abs. 1 S. 1 FamGKG.
Beim Vorliegen eines Stufenantrages – wie hier – ist für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche, und zwar der höhere, maßgebend, § 38 FamGKG. Das ist hier der – zur Zeit der Einreichung des Stufenantrages noch nicht bezifferte – Antrag auf Stufe drei (Trennungsunterhalt). Bei der noch unbezifferten Leistungsstufe ist die Erwartung des Antragstellers von der Höhe seines Anspruchs maßgebend (Senat FamRZ 2013, 240). Diese Grundsätze gelten auch für die sogenannte "steckengebliebene" Stufenklage, also wenn es im gerichtlichen Verfahren nicht mehr zur Bezifferung kommt (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 2012, 393; OLG Brandenburg FamRZ 2007, 71; Keske, in: Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 3. Aufl., § 38 FamGKG Rn 8 m.w.Nachw.). Die Antragstellerin ging bei Antragstellung von einer Leistungsfähigkeit de...