Leitsatz
Im Rahmen bewilligter Verfahrenskostenhilfe sind die Kosten eines für die Wahrnehmung eines Verhandlungstermins unterbevollmächtigten Rechtsanwalts gem. § 46 RVG nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung jedenfalls in dem Umfang zu vergüten, in dem sie bei einem persönlichen Auftreten des beigeordneten Rechtsanwalts vor dem Prozessgericht entstanden wären.
OLG Hamm, Beschl. v. 18.10.2013 – 6 WF 166/13
1 Sachverhalt
In dem Ausgangsverfahren hat der in Leipzig wohnhafte Ehegatte die Ehescheidung von seiner in Essen wohnhaften Ehefrau sowie die Durchführung des Versorgungsausgleichs vor dem FamG in Recklinghausen beantragt. Ihm ist mit Beschluss des FamG für diese Anträge Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung des an seinem Wohnsitz in Leipzig ansässigen Antragstellers ohne Einschränkung – und also nicht lediglich zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts – bewilligt worden. In dem vom FamG anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung erschien in Untervollmacht für den Antragsteller der ortsansässige Rechtsanwalt C aus Marl. Das FamG sprach die Scheidung der Ehe aus und führte den Versorgungsausgleich durch. Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben; der Verfahrenswert wurde auf insgesamt 3.000,00 EUR festgesetzt.
Daraufhin hat der Antragsteller beantragt, seine Gebühren und Auslagen gegen die Staatskasse festzusetzen. Dabei hat er neben einer für sich in Anspruch genommenen 1,3-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV nebst Auslagenpauschale (= 316,18 EUR einschließlich Umsatzsteuer) die ihm infolge der Beauftragung des Unterbevollmächtigten entstandenen Auslagen geltend gemacht, die sich aus einer 0,65-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3401 VV, einer 1,2-Terminsgebühr gem. Nr. 3402 VV sowie der Auslagenpauschale (= 439,88 EUR einschließlich Umsatzsteuer) zusammensetzen. Das AG – FamG – hat die 1,3-Verfahrensgebühr nebst Auslagenpauschale und also 316,18 EUR zugunsten des Antragstellers festgesetzt, hingegen die Festsetzung der infolge der Beauftragung des Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kosten des Unterbevollmächtigten könnten nicht aus der Landeskasse beglichen werden, da dieser nicht beigeordnet gewesen sei. Der hiergegen gerichteten Erinnerung des Antragstellers hat das FamG durch die zur Entscheidung berufene Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nicht abgeholfen und die Sache dem Amtsrichter zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hat die Erinnerung zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten Beschwerde hat der Amtsrichter nicht abgeholfen und diese dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Zugunsten des Antragstellers sind über die bereits festgesetzten Gebühren und Auslagen in Höhe von 316,18 EUR hinaus auch die dem Antragsteller infolge der Beauftragung des Unterbevollmächtigten entstandenen Auslagen in Höhe von weiteren 439,88 EUR und also insgesamt 756,06 EUR festzusetzen.
Zwar hat das AG zutreffend ausgeführt, dass der vom Antragsteller und Hauptbevollmächtigten beauftragte Unterbevollmächtigte mangels – nur unter den Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO möglicher – Beiordnung keinen eigenen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse hat. Dies steht jedoch einer Festsetzung der aufgrund seiner Beauftragung entstandenen Kosten zugunsten des beigeordneten Hauptbevollmächtigten nicht entgegen. Denn die Kosten eines für die Wahrnehmung eines Verhandlungstermins unterbevollmächtigten Rechtsanwalts sind gem. § 46 RVG nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung jedenfalls in dem Umfang aus der Staatskasse zu vergüten, in dem sie bei einem persönlichen Auftreten des beigeordneten Rechtsanwalts vor dem Prozessgericht entstanden wären, (so schon BVerwG NJW 1994, 3243 u. OLG Schleswig JurBüro 1985, 247 noch zu § 126 Abs. 1 BRAGO; OLG Brandenburg FamRZ 2008, 628; Gebauer/Schneider, RVG, 3. Aufl., § 46 Rn 40 ff.; Hartmann, KostG, 43. Aufl., § 46 RVG Rn 31 f.).
Im Streitfall ist der (auswärtige) Antragsteller und Hauptbevollmächtigte mit Beschluss des FamG ohne Einschränkungen beigeordnet worden. Wäre er selbst vor dem FamG aufgetreten, hätte er daher neben der 1,2-Terminsgebühr in Höhe von 226,80 EUR zuzüglich Umsatzsteuer auch Reisekosten beanspruchen können, die sich ausweislich der Auskunft der Deutschen Bundesbahn auf mindestens 190,00 EUR für die Zugfahrt von Leipzig nach Recklinghausen belaufen hätten. Aufgrund der Beauftragung des ortsansässigen Unterbevollmächtigten mit der Terminswahrnehmung sind aber über diese 1,2-Terminsgebühr hinaus lediglich Kosten in Höhe einer 0,65-Verfahrensgebühr von 122,85 EUR nebst Auslagenpauschale von 20,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer, also 169,99 EUR angefallen. Die Kosten, die aufgrund der Einschaltung des Unterbevollmächtigten entstanden sind, liegen mithin unter den Kosten, die bei einem persönlichen Auftreten des Antragstellers im Termin entstanden wären. Im Ergebnis sind daher dem Antragsteller und Hauptbevollmächtigten die Auslagen für den Unterbevollmächtigten von der Staatskasse zu vergüten.
Nur...