Leitsatz
Leitet der einem Beteiligten beigeordnete Rechtsanwalt das Ehescheidungsverfahren getrennt von dem Sorgerechtsverfahren ein oder unterlässt er eine Hinwirkung auf eine Verbindung von Ehescheidungsverfahren und Sorgerechtsverfahren, so begründet dies in der Regel keinen Verstoß gegen das Gebot kostensparender Prozessführung, weil diese beiden Verfahren nicht in engem rechtlichen Zusammenhang stehen und außerdem das Sorgerechtsverfahren dem besonderen Vorrang- und Beschleunigungsgebot unterliegt.
OLG Hamm, Beschl. v. 30.1.2014 – 6 WF 143/13
1 Sachverhalt
Mit Schriftsatz vom 19.7.2012 leitete die Kindesmutter das dem hiesigen Verfahren zugrunde liegende Hauptsacheverfahren auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für das gemeinsame Kind M gegen den Kindesvater ein. Unter dem 23.8.2012 beantragte sodann der Kindesvater in einem weiteren Verfahren vor dem FamG die Scheidung von der Kindesmutter sowie die Durchführung des Versorgungsausgleichs. In beiden Verfahren wurde der Kindesmutter Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung des Beteiligten zu 2) bewilligt. Im Anschluss fand ein gemeinsamer Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem FamG statt. Das Scheidungsverfahren wurde durch den die Scheidung aussprechenden und den Versorgungsausgleich ausschließenden Beschl. v. 9.10.2012 beendet. In dem Sorgerechtsverfahren wurde der Kindesmutter mit Zustimmung des Kindesvaters durch Beschluss gleichfalls vom 9.10.2012 die elterliche Sorge für M zur alleinigen Ausübung übertragen. Der Verfahrenswert für das Scheidungs- und Versorgungsausgleichsverfahren wurde auf insgesamt 3.700,00 EUR festgesetzt, dabei entfielen 1.000,00 EUR auf den Versorgungsausgleich. Der Verfahrenswert für das Sorgerechtsverfahrens wurde auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Der Beteiligte zu 2) beantragte daraufhin in dem Scheidungsverfahren die Festsetzung seiner Vergütung gegen die Landeskasse in Höhe von insgesamt 731,85 EUR; diese Vergütung setzt sich zusammen aus einer 1,3-Verfahrensgebühr sowie einer 1,2-Termingebühr nach einem Verfahrenswert von 3.700,00 EUR, einer 1,0-Einigungsgebühr nach einem Verfahrenswert von 1.000,00 EUR, Postpauschale und Umsatzsteuer. Die Vergütung wurde antragsgemäß festgesetzt.
Darüber hinaus hat der Beteiligte zu 2) die Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen in dem Sorgerechtsverfahren mit insgesamt 586,08 EUR beansprucht; diese Vergütung setzt sich zusammen aus einer 1,3-Verfahrensgebühr und einer 1,2-Termingebühr nach einem Verfahrenswert von 3.000,00 EUR nebst Postpauschale und Umsatzsteuer. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die Vergütung auf lediglich 327,61 EUR festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, der Beteiligte zu 2) sei nach dem Gebot der kostensparenden Prozessführung gehalten gewesen, auf eine Verbindung von Scheidungs- und Sorgerechtsverfahren hinzuwirken, in dem Sorgerechtsverfahren könne daher nur die Verfahrensgebühr gesondert erstattet werden, hingegen die Terminsgebühr nur nach einem Verbundwert von 4.240,00 EUR unter Abzug der bereits in dem Scheidungsverfahren festgesetzten Terminsgebühr.
Auf die hiergegen gerichtete Erinnerung des Beteiligten zu 2) hat der funktionell zuständige Richter den angefochtenen Beschluss abgeändert und die dem Beteiligten zu 2) in dem Sorgerechtsverfahren zustehende Vergütung antragsgemäß auf insgesamt 586,08 EUR festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich nunmehr die Beschwerde des Bezirksrevisors, mit der er beantragt, die dem Beteiligten zu 2) zustehende Terminsgebühr für das Sorgerechtsverfahren nur nach dem Verbundwert und unter Abzug der bereits in dem Scheidungsverfahren festgesetzten Gebühr zu erstatten.
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Dem Beteiligten zu 2) ist entgegen der Ansicht des Bezirksrevisors kein Verstoß gegen das Gebot der kostensparenden Prozessführung anzulasten, so dass in dem Sorgerechtsverfahren neben der Verfahrensgebühr auch die Terminsgebühr gesondert festgesetzt werden kann und die Vergütung des Beteiligten zu 2) antragsgemäß auf insgesamt 586,08 EUR festzusetzen ist.
Nach dem Gebot der kostensparenden Prozessführung sind die Beteiligten, denen Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist, und auch der ihnen beigeordnete Rechtsanwalt, gegenüber der Landeskasse grundsätzlich dazu verpflichtet, die Verfahrensgestaltung zu wählen, bei welcher die geringsten Kosten anfallen, wenn nicht vernünftige Gründe für eine andere Verfahrensgestaltung vorliegen. Abzustellen ist auf die Sicht einer auf sparsame Prozessführung bedachten Partei und damit auf die Frage, ob auch eine Partei, die die Verfahrenskosten selbst zu tragen hat, unterschiedliche Rechtsstreitigkeiten anhängig gemacht und von einer gemeinsamen Prozessführung Abstand genommen hätte (Senatsbeschl. v. 25.10.2007 – 6 WF 199/07). Dabei kann der Grundsatz der kostensparenden Prozessführung nicht nur dadurch verletzt werden, dass gesonderte Verfahren eingeleitet werden, sondern auch dadurch, dass nicht auf eine Verbindung gesonderter und in engem rechtlichen Zusammenhang stehender Verfahren hingew...