Die Rspr. des BGH wird auch auf andere Verfahren anzuwenden sein, in denen nach dem RVG Anrechnungsvorschriften bestehen, da Mehrkosten anfallen, wenn die Anrechnung aufgrund eines Anwaltswechsels nicht erfolgt.
Anrechnungsvorschriften sieht das RVG neben Mahn- und Beweisverfahren auch vor für
Vereinfachtes Unterhaltsverfahren und streitiges Verfahren
Anzurechnen sind die im vereinfachten Unterhaltsverfahren entstandene Verfahrensgebühr (Anm. Abs. 1 zu Nr. 3100 VV) sowie die Terminsgebühr (Anm. Abs. 4 zu Nr. 3104 VV).
Umgangsvermittlungsverfahren und Umgangsverfahren
Anzurechnen ist die im Vermittlungsverfahren entstandene Verfahrensgebühr (Anm. Abs. 3 zu Nr. 3100 VV) auf die im späteren Umgangsverfahren entstehende Verfahrensgebühr.
In den vorgenannten Verfahren besteht wie im Mahn- und Beweisverfahren eine enge sachliche, zeitliche und hinsichtlich der Beteiligten enge Verflechtung. Das vereinfachte Unterhaltsverfahren ist zudem wie das Mahnverfahren dem streitigen Verfahren nur vorgeschaltet, was durch § 255 Abs. 3 FamFG unterstrichen wird, wonach das streitige Verfahren bereits als mit der Zustellung des Festsetzungsantrags (§ 251 Abs. 1 S. 1 FamFG) als rechtshängig geworden gilt. Die zum Mahn- und Beweisverfahren ergangene Rspr. wird deshalb wohl Anwendung finden müssen, mit der Folge, dass der Prozessgegner die durch den Anwaltswechsel zwischen beiden Verfahren entstandenen Mehrkosten nur zu tragen hat, wenn der Wechsel notwendig gewesen war. Andernfalls sind durch den Prozessgegner lediglich die Kosten zu erstatten, die ohne Anwaltswechsel entstanden wären, so dass die Anrechnungsvorschriften der Anm. Abs. 1 zu Nr. 3100 VV und Anm. Abs. 4 zu Nr. 3104 VV zu beachten sind.
Auch bei dem Verhältnis von Umgangsvermittlungsverfahren (§ 165 FamFG) und dem Umgangsverfahren, dass sich nach dem Scheitern des Vermittlungsverfahrens diesem anschließt, wird eine so enge sachliche und zeitliche Verflechtung anzunehmen sein, dass ein Anwaltswechsel nicht ohne Weiteres als notwendig anzusehen ist. Das folgt auch aus der Regelung des § 165 Abs. 5 S. 3 FamFG, wonach die Kosten des Vermittlungsverfahrens Teil der Kosten des sich anschließenden Umgangsverfahrens sind, wenn dieses von Amts wegen oder binnen einen Monats auf Antrag eines Elternteils eingeleitet wird. Der Gegner braucht, wenn ihm die Kosten auferlegt sind, was wegen § 81 FamFG eher selten vorkommt, deshalb die Mehrkosten für den nicht notwenigen Anwaltswechsel nicht erstatten und kann sich auf die Anrechnungsregelung in Anm. Abs. 3 zu Nr. 3100 VV berufen.
Beispiel
Es wird ein vereinfachtes Unterhaltsfestsetzungsverfahren durchgeführt und hierfür Anwalt A beauftragt. Später wird auf Antrag das streitige Verfahren durchgeführt. Der Geschäftswert beträgt in beiden Verfahren 4.500,00 EUR.
Der Mandant schuldet den von ihm beauftragten Anwälten folgende Gebühren:
Anwalt A
1. |
1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
393,90 EUR |
|
(Wert: 4.500,00 EUR) |
|
2. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
78,64 EUR |
|
Gesamt |
492,54 EUR |
Anwalt B
1. |
1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
393,90 EUR |
|
(Wert: 4.500,00 EUR) |
|
2. |
1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
363,60 EUR |
|
(Wert: 4.500,00 EUR) |
|
3. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
147,73 EUR |
|
Gesamt |
925,23 EUR |
|
Gesamt A + B |
1.417,77 EUR |
Der erstattungspflichtige Gegner hat jedoch nur zu erstatten:
I. Vereinfachtes Unterhaltsfestsetzungsverfahren
1. |
1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
393,90 EUR |
|
(Wert: 4.500,00 EUR) |
|
2. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
3. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
78,64 EUR |
|
Gesamt |
492,54 EUR |
II. Streitiges Verfahren
1. |
1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
393,90 EUR |
|
(Wert: 4.500,00 EUR) |
|
2. |
anzurechnen gem. Anm. Abs. 1 zu |
– 393,90 EUR |
|
Nr. 3100 VV, 1,3 aus 4.500,00 EUR |
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3. |
1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
363,60 EUR |
|
(Wert: 4.500,00 EUR) |
|
4. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
5. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
72,88 EUR |
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Gesamt |
456,48 EUR |
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Gesamt I. + II. |
949,02 EUR |
Der erstattungspflichtige Gegner kann sich auf § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO berufen. Mehrkosten, die wegen des Anwaltswechsels entstanden sind, braucht er nicht zu erstatten, wenn nicht deren besondere Notwendigkeit dargelegt wird. Die nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 3100 VV vorzunehmende Anrechnung ist bei der Kostenfestsetzung daher zu berücksichtigen.
Beispiel
Für die Durchführung eines Umgangsvermittlungsverfahrens wird Anwalt A beauftragt. Nach Scheitern dieses Verfahrens wird innerhalb von einem Monat antragsgemäß ein Umgangsverfahren eingeleitet. Hierfür wird Anwalt B beauftragt. In beiden Verfahren hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Der Geschäftswert beträgt in beiden Verfahren 3.000,00 EUR.
Der Mandant schuldet den von ihm beauftragten Anwälten folgende Gebühren:
Anwalt A
1. |
1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
261,30 EUR |
|
(Wert: 3.000,00 EUR) |
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2. |
1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
241,20 EUR |
|
(Wert: 3.000,00 EUR) |
|
3. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
99,28 EUR |
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Gesamt |
621,78 EUR |
Anwalt B