Die Regelung des § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO ist auch in den Fällen der Zurückverweisung zu beachten. Hierzu bestimmt § 21 Abs. 1 RVG, dass das Verfahren nach erfolgter Zurückverweisung an ein untergeordnetes Gericht einen neuen Rechtszug darstellt und folglich sowohl die Verfahrens- und Terminsgebühr wie auch die Postpauschale der Nr. 7002 VV erneut auslöst. Vorbem. 3 Abs. 6 VV ordnet jedoch an, dass in den Fällen, in denen eine Sache an ein untergeordnetes Gericht zurückverwiesen wird, das mit der Sache bereits befasst war, die in dem früheren Verfahren entstandene Verfahrensgebühr auf die Verfahrensgebühr für das Verfahren nach der Zurückverweisung anzurechnen ist. Erfolgt folglich nach Zurückverweisung ein Anwaltswechsel, ist die Verfahrensgebühr den Mehrkosten i.S.d. § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO zuzurechnen, zu deren Erstattung der Prozessgegner nur verpflichtet ist, wenn der Anwaltswechsel notwendig war.[27]

Eine Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 6 VV ist jedoch nicht vorzunehmen, wenn zwischen dem Verfahren vor dem Ausgangsgericht und dem Beginn des Verfahrens nach erfolgter Zurückverweisung mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind (§ 15 Abs. 5 S. 2 RVG).[28] In diesen Fällen kann der erneute Anfall der Verfahrensgebühr folglich nicht den durch den Anwaltswechsel verursachten Mehrkosten hinzugerechnet werden.

 

Beispiel

In einer Zivilsache wegen 6.000,00 EUR wird Anwalt A beauftragt. Das Rechtsmittelgericht verweist die Sache zurück. In dem Verfahren nach der Zurückverweisung wird Anwalt B beauftragt.

Der Mandant schuldet den von ihm beauftragten Anwälten folgende Gebühren:

Anwalt A

 
1. 1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 460,20 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)  
2. 1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 424,80 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)  
3. Postpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 171,95 EUR
5. Gesamt 1.076,95 EUR

Anwalt B

 
1. 1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 460,20 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)  
2. 1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 424,80 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)  
3. Postpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 171,95 EUR
Gesamt 1.076,95 EUR
Gesamt A + B 2.153,90 EUR

Der erstattungspflichtige Gegner hat jedoch nur zu erstatten:

I. Verfahren vor der Zurückverweisung

 
1. 1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 460,20 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)  
2. 1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 424,80 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)  
3. Postpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
4. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 171,95 EUR
Gesamt 1.076,95 EUR

II. Verfahren nach Zurückverweisung

 
1. 1,3 Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV 460,20 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)  
2. anzurechnen gem. Vorbem. 3 Abs. 6 VV, 1,3 aus 6.000,00 EUR – 460,20 EUR
3. 1,2 Terminsgebühr, Nr. 3104 VV 424,80 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)  
4. Postpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
5. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 84,51 EUR
Gesamt 529,31 EUR
Gesamt I. + II. 1.606,26 EUR

Wird nicht dargelegt, weshalb der Anwaltswechsel notwendig war, kann sich der erstattungspflichtige Gegner auf § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO berufen. Mehrkosten, die wegen des Anwaltswechsels entstanden sind, braucht er nicht zu erstatten, so dass die nach Vorbem. 3 Abs. 6 VV vorzunehmende Anrechnung bei der Kostenfestsetzung zu berücksichtigen ist.

Autor: Dipl.-Rpfl. Hagen Schneider, Magdeburg

AGS 4/2018, S. 157 - 164

[28] AnwK/RVG-Onderka/N. Schneider, 8. Aufl., VV Vorbem. 3 Rn 313.

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