Ein Parteiwechsel kann sowohl auf Seiten des Klägers als auch auf Seiten des Beklagten vorkommen. Auf Seiten des Klägers erfolgt der Wechsel durch Eintritt eines neuen Klägers und durch Ausscheiden des bisherigen Klägers. Auf Seiten des Beklagten erfolgt der Parteiwechsel dadurch, dass der Kläger erklärt, die Klage richte sich fortan nicht mehr gegen den bisherigen Beklagten, sondern gegen einen anderen Beklagten. Der Parteiwechsel bedarf ggfs. der Zustimmung des Gegners.
Für die gebührenrechtliche Betrachtung, also ob eine oder mehrere Angelegenheiten vorliegen, hatte die frühere h.M. danach differenziert, auf wessen Seite der Anwalt tätig ist.
Für den Anwalt auf Seiten der wechselnden Partei wurde danach unterschieden, ob die neue Partei erst eingetreten ist, nachdem die bisherige Partei bereits ausgeschieden war oder nicht. Im ersten Fall wurden zwei Angelegenheiten angenommen. Die Vertretung der bisherigen Partei und die Vertretung der neuen Partei sollten jeweils eine eigene Angelegenheit darstellen. Dies galt sowohl dann, wenn der Anwalt den ausscheidenden und den neu eintretenden Kläger vertrat, also auch dann, wenn der Anwalt mehrere nacheinander verklagte Beklagte vertrat. Soweit der Anwalt dagegen – wenn auch nur für einen kurzen Zeitraum – sowohl die ausscheidende als auch die eintretende Partei gleichzeitig vertrat, sollte nur eine Angelegenheit vorliegen.
Für den Anwalt auf Seiten des Gegners der wechselnden Partei war die Sache dagegen eindeutig. Insoweit blieb es immer nur bei einer Angelegenheit. Für ihn war der Wechsel der Gegenpartei unerheblich, da er nach wie vor dieselbe Partei vertritt und der gegen seine Partei gerichtete Anspruch der gleiche blieb.
Der BGH hat diese Streitfragen zwischenzeitlich geklärt. Bei einem Parteiwechsel liegt für den Rechtsanwalt, der beide wechselnden Parteien vertritt bzw. vertreten hat, immer nur eine Gebührenangelegenheit vor, so dass er seine Gebühren nur einmal erhält. Allerdings erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV wegen der damit verbundenen Auftraggebermehrheit.
Beispiel: Parteiwechsel durch Erweiterung und anschließende Teilklagerücknahme
Der Kläger klagt zunächst gegen A auf Zahlung von 10.000,00 EUR. Später stellt sich heraus, dass die Klage gegen B hätte gerichtet werden müssen. Er nimmt die Klage gegen den A zurück und richtet sie nunmehr gegen den B.
Es entstehen für den Anwalt des Beklagten, der die Vertretung des A und des B übernommen hat, die Gebühren nur einmal, da nur eine Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG gegeben ist. Die Verfahrensgebühr erhöht sich allerdings nach Nr. 1008 VV.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, |
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892,80 EUR |
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1008 VV (Wert: 10.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
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669,60 EUR |
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(Wert: 10.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.582,40 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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300,66 EUR |
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Gesamt |
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1.883,06 EUR |
Norbert Schneider
AGS 4/2018, S. 182 - 184