Der Unterschied, ob man zuerst anrechnet oder zuerst kürzt, kann erheblich sein.

 

Beispiel

Der Anwalt war für den Kläger nach einem Gegenstandswert von 10.000,00 EUR außergerichtlich tätig geworden und hatte dafür ausgehend von einer Mittelgebühr (1,5) abgerechnet.

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV  
  (Wert: 10.000,00 EUR) 729,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV  20,00 EUR
  Zwischensumme 749,00 EUR
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 142,31 EUR
Gesamt 891,31 EUR

Hiernach kam es zum Rechtsstreit, der durch einen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO erledigt wurde. In diesen Vergleich wurde auch eine weitere, nicht anhängige, Forderung in Höhe von 5.000,00 EUR mit einbezogen.

Kürzt man zuerst und rechnet erst danach an, ergibt sich folgende Berechnung:

 
Praxis-Beispiel
 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV  
  (Wert: 10.000,00 EUR) 631,80 EUR
2. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV  
  (Wert: 5.000,00 EUR) 240,80 EUR
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als  
  1,3 aus 15.000,00 EUR  
3. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,  
  0,75 aus 10.000,00 EUR -364,50 EUR
4. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV  
  (Wert: 15.000,00 EUR) 679,20 EUR
5. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV  
  (Wert: 10.000,00 EUR) 486,00 EUR
6. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV  
  (Wert: 5.000,00 EUR) 451,50 EUR
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als  
  1,5 aus 15.000,00 EUR 849,00 EUR
7. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  Zwischensumme 1.919,50 EUR
8. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 364,71 EUR
Gesamt 2.284,21 EUR

Rechnet man dagegen zuerst an und prüft man die Begrenzung nach § 15 Abs. 3 RVG erst danach, ergibt sich folgende Berechnung:

 
Praxis-Beispiel
 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV  
  (Wert: 10.000,00 EUR) 631,80 EUR
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen,  
  0,75 aus 10.000,00 EUR -364,50 EUR
  Zwischensumme 267,30 EUR
3. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV  
  (Wert: 5.000,00 EUR) 240,80 EUR

Die Höchstgrenze des § 15 Abs. 3 RVG, nicht mehr als 1,3 aus 15.000,00 EUR (735,80 EUR), ist nicht erreicht.

 
4. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV  
  (Wert: 15.000,00 EUR) 679,20 EUR
5. 1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1003 VV  
  (Wert: 10.000,00 EUR) 486,00 EUR
6. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV  
  (Wert: 5.000,00 EUR) 451,50 EUR
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als  
  1,5 aus 15.000,00 EUR 849,00 EUR
7. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 20,00 EUR
  Zwischensumme 2.056,30 EUR
8. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 390,70 EUR
Gesamt 2.447,00 EUR

Die zweite Variante führt für den Anwalt stets zu günstigeren Ergebnissen.

Norbert Schneider

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