Die Entscheidung des OLG ist insgesamt zutreffend.
Zu Leitsatz 1
Unter Aufgabe seiner bisherigen abweichenden Rechtsprechung bestimmt das OLG den Verfahrenswert in Versorgungsausgleichssachen nunmehr ebenfalls nach dem dreimonatigen Nettoeinkommen der beteiligten Ehegatten ohne Abzug eines Freibetrags für unterhaltsberechtigte Kinder. Diese Auffassung entspricht mittlerweile auch der herrschenden Meinung in Rspr. und Lit. Insoweit die Rechtsprechung noch gegenteilig verfährt – ersichtlich nur das AG Ludwigslust –, zieht sie eine Parallele zum Wert der Ehesache. Aber auch das Einkommen i.S.d. § 43 Abs. 2 FamGKG (§§ 12, 48 GKG a.F.) geht tatsächlich vom reinen Nettoeinkommen ohne Abzüge aus. Abzüge beim Wert der Ehesache können nur deshalb erfolgen, weil nach § 43 Abs. 1 FamGKG der Verfahrenswert in der Ehesache unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Ermessen und nicht allein ausgehend vom Nettoeinkommen der beteiligten Eheleute zu bestimmen ist. Das ist letztendlich Grund und Rechtfertigung dafür, dass ein pauschaler Abzug für den Unterhalt Minderjähriger bei der Festsetzung des Verfahrenswerts der Ehesache überhaupt vorgenommen werden darf. Andererseits ist aber in Ehesachen auch ein hohes Vermögen der Eheleute zu berücksichtigen. Beides ist bei § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG nicht möglich. Auszugehen ist vom reinen Nettoeinkommen der Beteiligten, also von dem gegebenenfalls lediglich durch Steuern und Sozialversicherungsabgaben bereinigten Einkommen. Ein Abzug für Kinder ist unter keinen Umständen gerechtfertigt, insbesondere vom Gesetzeswortlaut nicht getragen.
Zu Leitsatz 2
Insoweit die Beteiligten im System der gesetzlichen Rentenversicherung angleichungsdynamische und regeldynamische Anrechte erworben haben, bewertet das OLG sie als separate Anrechte i.S.d. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG und schließt sich auch insoweit der überwiegenden Auffassung in der Rspr. an. 20 Jahre nach der Wiedervereinigung haben die rentenrechtlichen Unterschiede in Ost und West infolge nicht vollzogener Angleichung der Erwerbseinkommen Bestand. Arbeitsentgelte Ost sind "bis zur Vereinheitlichung der Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland" höher zu bewerten als solche im Westen. Mit dem RÜG wurden die Anwartschaften der Versicherten in den neuen Bundesländern zwar in das System der gesetzlichen Rentenversicherung überführt und im Grundsatz war damit in den alten und neuen Bundesländern ein einheitliches Rentenrecht hergestellt. Das RÜG sieht vor, dass "bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse" die rentenrechtlich maßgeblichen Rechengrößen und Verfahrensweisen für die neuen und alten Bundesländer differenziert festgelegt und angewendet werden müssen. Ost- und West-Anrechte sind im Versorgungsausgleich demgemäß gesondert zu ermitteln, es ist ein selbstständiger Ausgleichswert festzustellen. Deshalb sind es auch gesonderte Anrechte i.S.d. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Die Vorschrift § 120f Abs. 1 SGB VI bestimmt zwar grundsätzlich, dass die in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte solche gleicher Art im Sinne des § 10 Abs. 2 VersAusglG sind. Nach § 120f Abs. 2 SGB VI gelten allerdings die im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet erworbenen Anrechte als solche ungleicher Art im Sinne des § 10 Abs. 2 VersAusglG, solange einheitliche Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland noch nicht hergestellt sind.
Insoweit die überwiegende Auffassung in der Rspr. davon ausgeht, dass Ost- und West-Anrechte separate Anrechte i.S.d. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG darstellen, zeichnet sich derzeit aber eine neue Uneinigkeit ab, wenn es um die Bewertung von mehreren Bausteinen ein und desselben Versorgungsträgers geht. Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung die interne Aufspaltung in "Unteranrechte" bei ein und demselben Versorgungsträger bewerten wird. Gründe, die dafür sprechen, sie als separate Anrechte anzusehen, sind Folgende: Die jeweiligen Bausteine innerhalb desselben Versorgungsträgers werden isoliert ausgeglichen und es wird auch gesondert tenoriert. Sie beruhen teilweise auf einer Pflichtversorgung, teilweise werden sie freiwillig geleistet. Die Entscheidung über ein "Unteranrecht" ist isoliert anfechtbar.
FAFamR Lotte Thiel, Koblenz