Die gem. § 66 Abs. 1 GKG zulässige Erinnerung hat in der Sache Erfolg.
1. Im Falle einer Beendigung des Verfahrens durch Anerkenntnisurteil, Verzichtsurteil oder Urteil, das nach § 313a Abs. 2 ZPO keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthält, soll sich nach Nr. 1222 Nr. 2 GKG-KostVerz. die Gebühr für die Gerichtskosten von einem Satz von 4,0 auf einen solchen auf 2,0 ermäßigen (vgl. für die erste Instanz Nr. 1211 Nr. 2 GKG-KostVerz.).
Sinn der Ermäßigung soll eine Art "Belohnung" der Parteien für den Verzicht sein, der eine Arbeitserleichterung für Gericht und Schreibkanzleien zur Folge hat (siehe Meyer, GKG/FamGKG, 14. Aufl., Nr. 1211 GKG-KostVerz. Rn 37 ff.; BT-Drucks 14/4722 S. 9, 84, zu Nr. 47).
2. Rein vom Wortlaut her stellt Nr. 1222 GKG-KostVerz. insoweit lediglich auf ein Urteil nach § 313a Abs. 2 ZPO ab.
Übersehen bzw. nicht darauf eingegangen wird dabei, dass ein solcher Verzicht bereits vor der Verkündung erfolgen kann und § 313a Abs. 3 ZPO zu dessen Erklärung eine Frist von einer Woche nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vorsieht (vgl. etwa Schneider, AGS 2003, 532, unter II.):
Ebenso wenig wie § 313a Abs. 3 ZPO die Rechtsfolge einer Versäumung der Wochenfrist, also den Fall einer verspäteten Verzichtserklärung, regelt, ist der Nr. 1222 Nr. 2 (bzw. 1211 Nr. 2) zu entnehmen, ob für die angeordnete Gebührenermäßigung der Verzicht sofort oder innerhalb der Wochenfrist des § 313a Abs. 3 ZPO erklärt werden muss oder ob die Gebührenreduzierung lediglich an das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen im Urteil anknüpft, der Verzicht also auch noch nach der Frist des § 313a Abs. 3 ZPO möglich ist; womöglich soll die Bezugnahme auf § 313a ZPO in Nr. 1222 Nr. 2 nur dessen explizit genannten Abs. 2 erfassen.
Nr. 1211 GKG-KostVerz. ist in dieser Hinsicht – nach wie vor – misslungen und unvollständig (Schneider, a.a.O., 532, unter II.; zu den ähnlich unklaren Regelungen in den Nrn. 1222 Nr. 1a und Nr. 3 vgl. zuletzt den aus diesem Grund erforderlich gewordenen Senatsbeschl. v. 5.2.2015 – 11 W 158/15).
Es bleibt mithin offen, welchen Einfluss eine nur teilweise Arbeitsersparnis auf die Ermäßigung haben soll – unbeschadet der Frage, wie eine solche (für den Kostenbeamten) festzustellen wäre.
3. In der Lit. hierzu wird vertreten, die Gebührenermäßigung könne nur dann eintreten, wenn der Verzicht noch in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wurde, erklärt wird; spätere Verzichtserklärungen könnten nicht mehr zur Ermäßigung führen, denn in der Regel werde der Richter bereits unmittelbar nach Schluss der Verhandlung mit der Absetzung des Urteiles beginnen (so Meyer, a.a.O., GKG-KostVerz. Nr. 1211 Rn 39).
Vertreten wird auch die Auffassung, es sei für die Gebührenreduzierung ausreichend, wenn der Verzicht spätestens innerhalb der Wochenfrist des § 313a Abs. 3 ZPO erklärt werde, weil auch dann der Entlastungseffekt eintrete; das Urteil werde ohnehin nicht sogleich verfasst (Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG-FamGKG-JVEG, 3. Aufl., GKG-KostVerz. Nr. 1222 Rn 27).
4. Die Begründungen, ein Richter werde "in der Regel" "unmittelbar nach dem Schluss der Verhandlung" mit dem Urteil beginnen bzw. dieses werde "ohnehin nicht sogleich verfasst", erscheinen eher spekulativ und angreifbar; die Frist zur Absetzung des vollständigen Urteiles in § 315 Abs. 2 S. 1 ZPO jedenfalls ist knapp bemessen und abgesehen von der Verschiedenheit der zu begründenden Entscheidungen werden Richter unterschiedliche Arbeitsstile pflegen.
a) Auch auf den Sinn der Ermäßigung, Arbeitsersparnis, kann nur eingeschränkt abgestellt werden:
Zunächst kann es ohnehin nie um eine vollständige Arbeitserleichterung gehen, denn bereits bis zur Verkündung des Stuhlurteiles mag erhebliche Arbeit angefallen sein.
Umgekehrt kann eine Arbeitserleichterung fraglos auch noch bei Versäumung der Wochenfrist des § 313a Abs. 3 ZPO eintreten, denn selbst wenn das Urteil fast vollständig diktiert ist und der Verzicht erst dann erklärt wird, ist ohne Weiteres noch Raum für eine Arbeitserleichterung, da das Urteil nicht mehr fertiggestellt, geschrieben, Korrektur gelesen, im Spruchkörper besprochen etc. werden muss.
b) Im Falle einer Verzichtserklärung erst nach einem Stuhlurteil, sei es innerhalb, sei es erst nach einer Woche, wird es für den Kostenbeamten womöglich schwieriger, zu beurteilen, ob eine Arbeitsersparnis eintritt und damit eine Gebührenermäßigung gerechtfertigt ist. Selbst wenn ein Verzicht gewissermaßen "in letzter Sekunde" erklärt und damit nur minimal gerichtliche Arbeitszeit erspart wird, wird dies den Akten kaum zu entnehmen sein, weil dort nur das – nicht mit Tatbestand/Entscheidungsgründen versehene – Urteil enthalten ist. Zumal im Kostenrecht sind indes klare und präzise Vorgaben erforderlich und erscheint es – sofern man eine spätere Verzichtserklärung noch akzeptieren möchte – problematisch, vom Kostenbeamten zu verlangen, er müsse in diesen Fällen beim Berichterstatter nachfragen, ob eine Arbeitser...