RVG VV Nr. 3104 ZPO §§ 91a, 138 Abs. 3, 269
Leitsatz
Ergibt sich aus der Urkundenlage i.V.m. dem Vorbringen des Antragstellers im Kostenfestsetzungsverfahren, dass eine Termingebühr entstanden ist, darf deren Festsetzung nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dem pauschalen und in keiner Weise substantiierten Zurückweisungsantrag des Kostenschuldners sei der Antragsteller zuletzt nicht mehr entgegengetreten. Dass die Klage nach dem auf Erledigung zielenden Anwaltsgespräch zurückgenommen wurde, ist für Entstehung und Erstattung der Termingebühr unerheblich.
OLG Koblenz, Beschl. v. 16.4.2014 – 14 W 220/14
1 Sachverhalt
Die Klägerin hatte die beklagte Eigentümergemeinschaft auf Vorschuss der Kosten des Einbaus eines zum Behindertentransport geeigneten Hubliftes in Anspruch genommen.
Mit Schriftsatz vom 6.6.2013 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Gericht mit, der Hublift sei zwischenzeitlich eingebaut, lediglich die zum Betrieb erforderliche Fernbedienung sei noch nicht in Händen der Klägerin.
Mit Schriftsatz vom 7.6.2013 teilte der Prozessvertreter der Beklagten dem Gericht mit, der "Aufzug" sei eingebaut, der Rechtsstreit somit erledigt.
Am 16.7.2013 telefonierten die Parteivertreter miteinander. Zum Gesprächsinhalt heißt es in einem an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten adressierten Schreiben der Prozessvertreter der Klägerin vom 17.7.2013 auszugsweise:
"In o.a. Sache beziehe ich mich auf das Telefonat vom 16.7.2013 und bestätige, dass ich mit gleicher Post meinerseits ebenfalls Erledigungserklärung gegenüber dem LG im anhängigen Verfahren abgegeben habe"
Am 17.7.2013 teilte der Bevollmächtigte der Klägerin außerdem dem Gericht mit, er schließe sich der Erledigungserklärung der Beklagten an.
Einer gerichtlichen Anregung folgend erklärte die Klägerin jedoch wenig später die Rücknahme der Klage, worauf ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden.
Wegen des anwaltlichen Telefongesprächs vom 16.7.2013 hat die Beklagte um Festsetzung einer Termingebühr gebeten (Vorbem. 3 Abs. 3 VV).
Die Klägerin ist dem entgegengetreten und hat behauptet, das streitgegenständliche Verfahren sei nicht Gegenstand des Telefongesprächs gewesen. Weitere Schritte zur Übergabe des "Equipments" (Fernbedienung) seien diskutiert worden.
Dem ist der Rechtspfleger gefolgt und hat die Festsetzung einer Termingebühr mit der Begründung abgelehnt, der Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei bei dem Gespräch nicht erörtert worden.
Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte überwiegend Erfolg.
2 Aus den Gründen
Eine Termingebühr ist entstanden, allerdings in geringerem Umfang als beantragt, und daher im berechtigten Umfang auch von der Klägerin zu erstatten.
Im Streitfall beurteilt sich die Vergütung für die anwaltliche Tätigkeit nach dem RVG in der Fassung, die für bis zum 31.7.2013 erteilte Aufträge gilt (§ 60 Abs. 1 RVG).
Eine 1,2-Termingebühr nach Nr. 3104 VV ist angefallen nach Maßgabe der Vorbem. 3 Abs. 3 VV. Danach entsteht die Termingebühr auch für die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind.
Eine derartige Besprechung haben die Parteivertreter am 16.7.2013 telefonisch miteinander geführt.
Bei seiner gegenteiligen Einschätzung hat der Rechtspfleger noch richtig gesehen, dass der Anspruchsteller seine Sachdarstellung beweisen muss, wenn der Inhalt einer die Termingebühr auslösenden anwaltlichen Erledigungsbesprechung von dem anderen Gesprächsteilnehmer bestritten wird (Senat in NJW 2005, 2162).
Zu Unrecht hat der Rechtspfleger dann aber gemeint, weil die Beklagte das Vorbringen der Klägerin in deren letztem der Kostenfestsetzung vorausgehenden Schreiben nicht mehr bestritten habe, sei der von der Klägerin behauptete Gesprächsinhalt zugestanden.
Diese Sicht der Dinge widerspricht der grundlegenden Regel des Zivilprozesses, dass eine Partei ihren Sachvortrag, der dem nachfolgenden Vorbringen der Gegenseite widerspricht, nicht ständig wiederholen muss, um dadurch zu verdeutlichen, dass sie an ihrer gegenläufigen ursprünglichen Darstellung festhält.
Diese stützte sich hier auf das Schreiben der Prozessvertreter der Klägerin v. 17.7.2013, das im Gesamtkontext des oben dargestellten Prozesstandes am 16.7.2013 keinerlei Zweifel daran aufkommen lässt, dass das Anwaltsgespräch auf Erledigung des vorliegenden Rechtsstreits zielte. Dass dabei auch der Streitstoff eines weiteren, angeblich bei dem LG Mainz anhängigen Rechtsstreits angesprochen worden sein soll, kann die mit Blickrichtung auf das vorliegende Verfahren entstandene Termingebühr nicht wieder entfallen lassen, weil ein "Zuviel" an Gesprächsinhalt unschädlich ist.
Unerheblich ist auch, dass die Beklagte den Rechtsstreit nicht wirksam für erledigt erklären konnte, weil sie nicht Herrin des Prozessstoffs war. Das mag Beweggrund des Anrufs beim Klägervertreter gewesen sein, dessen anschließende, gleichermaßen nicht korrekte Erklärung, sich der Erledigungserklärung der Beklagten anzuschließen, ohne weiteres als (erstmalige) wirksame Erledigungserklärung anzu...