Das FamG hat der Beschwerdeführerin für die im Senatstermin geschlossene Umgangsvereinbarung zu Recht nur eine 1,5-Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV und nicht auch eine Verfahrens- und eine Terminsdifferenzgebühr erstattet.
Wird – wie hier in einem isolierten Sorgerechtsverfahren – in einem Verhandlungstermin ein Vergleich über nicht rechtshängige Ansprüche geschlossen (sog. Mehrvergleich), entsteht für den an dem Vergleich mitwirkenden Rechtsanwalt auch aus den einbezogenen, nicht verfahrensgegenständlichen Gegenständen ein Anspruch auf eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 VV, eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV und eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV.
Unabhängig von dem Entstehen der Gebührenansprüche als solche bestimmt sich im Fall der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse ausschließlich nach dem Beschluss, durch den die Verfahrenskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist (§ 48 Abs. 1 RVG). Für die Frage, welche Gebühren erstattungsfähig sind, kommt es daher in erster Linie auf die Bestimmungen im Bewilligungsbeschluss an (OLG Koblenz, Beschl. v. 19.5.2014 – 13 WF 369/14, FamRZ 2014, 1877 [= AGS 2014, 348]).
Wird nach der üblichen Praxis auf einen entsprechenden Antrag die Verfahrenskostenhilfe "auf den abzuschließenden Vergleich" oder auf den "Mehrvergleich" erstreckt, kann daraus jedenfalls nach der seit 1.8.2013 geltenden Rechtslage in Verfahren, die keine Ehesachen sind, nicht mehr hergeleitet werden, dass dann regelmäßig eine Auslegung dahingehend zu erfolgen habe, dass mit der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe alle mit dem Mehrvergleichsabschluss im Zusammenhang stehenden Gebühren von dem Bewilligungsbeschluss umfasst seien (vgl. OLG Koblenz a.a.O., m.w.N.). Denn mit der Neufassung des § 48 Abs. 3 S. 1 RVG durch das 2. KostRMoG, das nach der Gesetzesbegründung inhaltlich dem bisher geltenden Recht entspricht, wurde durch den Gesetzgeber klargestellt, dass im Fall eines Vergleichsabschluss in Ehesachen alle in diesem Zusammenhang anfallenden Gebühren zu erstatten sind (BT-Drucks 17/11471, S. 270). Bei allen anderen Verfahren, die von § 48 Abs. 3 RVG nicht erfasst sind, so z.B. bei selbstständigen Familiensachen oder Zivilsachen, gibt es eine automatische Erstreckung wie nach § 48 Abs. 3 RVG mit all ihren Gebührenfolgen nicht.
Insoweit vertritt der Senat – in Übereinstimmung mit der Rspr. des 23. Familiensenats des OLG Dresden (Beschl. v. 7.2.2014 – 23 WF 1209/13, FamRZ 2014, 1879 [= AGS 2014, 347]; Beschl. v. 4.8.2011 – 23 WF 475/11, FamRZ 2012, 242) – die Auffassung, dass die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für den Abschluss eines Vergleichs über nicht rechtshängige Ansprüche grundsätzlich vergleichbar ist mit dem Vergleichsabschluss im Erörterungstermin des Prozesskostenhilfe- oder Verfahrenskostenhilfeverfahrens (so auch OLG Koblenz a.a.O.). Für diese Fallkonstellation hat der BGH entschieden (Beschl. v. 8.6.2004 – VI ZB 39/03, FamRZ 2004, 1708), dass infolge des Grundsatzes, dass für das Prozesskostenhilfeverfahren Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden kann, bei der Beschränkung der Prozesskostenhilfe nur auf den Vergleich die dem Rechtsanwalt zustehende Verfahrens- und Erörterungsgebühr nicht aus der Staatskasse erstattet wird. "Genauso kann grundsätzlich für im Verfahren nicht anhängige Streitgegenstände PKH nicht bewilligt werden. Insbesondere kann auch für die bloße Erörterung im Termin zur mündlichen Verhandlung von Gegenständen, die nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens sind, PKH nicht bewilligt werden. Wie im PKH-Verfahren selbst kommt auch hier die Erstreckung der PKH auf nicht anhängige Gegenstände nur in Betracht, wenn über sie ein Vergleich geschlossen wird." (OLG Dresden, 23. FamSen., Beschl. v. 4.8.2011, a.a.O.) Wird die Verfahrenskostenhilfe auf den Vergleich erstreckt, sind – wie im Fall eines Vergleichs im Prozesskostenhilfeverfahren – jedoch weder die Terminsgebühr noch die Verfahrensgebühr erstattungsfähig.
AGS 6/2015, S. 289 - 290