In der Sache hat die Erinnerung Erfolg, da die Voraussetzungen zur Festsetzung der Gebühr Nr. 4102 Nr. 4 VV für die Teilnahme an Verhandlungen im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs durch einen gerichtlich bestellten Rechtsanwalt gegeben sind.
Sinn und Zweck des Täter-Opfer-Ausgleichs ist es, neben einer materiellen Leistung an ein Opfer, auch ein personales Element der Kommunikation im Bemühen um einen Ausgleich zu fördern (Dölling/Duttge/Rössner-Rössner/Kempfer, 3. Aufl., 2013, § 46a Rn 5). Damit dieses Verfahren gestärkt wird, ist es erforderlich, für die im Verfahren auf Opfer- oder Täterseite tätigen Rechtsanwälte einen gebührenrechtlichen Anreiz zu setzen, weswegen eine entsprechende Regelung im Vergütungsverzeichnis des RVG geschaffen wurde (vgl. BT-Drucks 14/1971, S. 221). Dieses Ziel kann jedoch nur erreicht werden, wenn die Regelung teleologisch bzw. weit ausgelegt wird, damit viele Fallkonstellationen erfasst werden (vgl. Gerhold, Täter-Opfer-Ausgleich, JurBüro 2010, 172, 173). Entscheidendes Kriterium ist die Teilnahme an einem Verhandlungstermin. Das Wesen eines Termins ist die Verabredung eines Zeitpunktes und eines Ortes, um eine Übereinkunft zu besprechen.
Ausgangspunkt des Treffens der Erinnerungsführerin, des Verteidigers, der Vertreterin der Staatsanwaltschaft und zwei berufsrichterlichen Kammermitgliedern war es, eine Verständigung über das Ergebnis des Verfahrens zu erzielen. Unter Berücksichtigung des Gedankens einer weiten Auslegung der hier einschlägigen gebührenrechtlichen Vorschrift kann der Grund eines Treffens bzw. Termins nicht entscheidend sein. Vielmehr genügt die Besprechung eines Täter-Opfer-Ausgleichs durch die Verfahrensbeteiligten, sei es nun in einem streitigen oder einvernehmlichen Gespräch (vgl. LG Kiel, Beschl. v. 28.1.2010 – 36 Qs 9/10; Burhoff, RVG, 3. Aufl., 2012, Nr. 4102 VV, Rn 38). Der ursprüngliche Zweck eines Treffens ist nicht entscheidend, insoweit ist auch ein "Spontan-Termin" möglich (vgl. AG Münster, Beschl. v. 30.4.2007 – 21 Ls 248/04, RVGreport 8/2007, 303). Die Situation im vorliegenden Fall ist vergleichbar einem "Spontan-Termin", da das Treffen zum Rechtsgespräch "spontan" in ein Gespräch zum Täter-Opfer-Ausgleich übergleitet wurde. Die Erörterung eines Ausgleichs für die Nebenklägerinnen wurde ein wesentlicher Bestandteil des Treffens. Es fand damit ein Termin statt.
Ferner ist auch ein Verhandeln zum Täter-Opfer-Ausgleich gegeben. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Gebühr Nr. 4102 Nr. 4 VV keine Anbahnungs- oder Sondierungsgespräche im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleich honoriert, da diese durch die allgemeine Verfahrensgebühr abgegolten werden (Gerhold, a.a.O, 172, 175). Vielmehr ist eine inhaltliche Besprechung der Beteiligten zu einem Täter-Opfer-Ausgleich erforderlich, was eine grundsätzliche Einigungsbereitschaft voraussetzt (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, 21. Aufl., 2013, VV 4102, 4103, Rn 7). Bei den Nebenklägerinnen als Opfer lag eine Einigungsbereitschaft vor. Der gerichtliche Vermerk zum Treffen am 3.7.2014 ist dahingehend zu verstehen, dass die Erinnerungsführerin nur die Höhe der Schmerzensgeldzahlungen mit den Nebenklägerinnen besprechen wollte, wobei die Zahlungen von mehreren tausend EUR andiskutiert wurden. Dies zeigt, dass eine grundsätzliche Einigungsbereitschaft gegeben war. Die Initiative des Verteidigers zu einem Täter-Opfer-Ausgleich war von dem Gedanken getragen, einen Rechtsfrieden herzustellen, da eine schriftliche und mündliche Entschuldigung des Angeklagten gegenüber den Nebenklägerinnen erörtert wurde. Damit ist auch das personal-kommunikative Element eines Täter-Opfer-Ausgleich gegeben. Es gab daher ein konkretes Angebot, über welches verhandelt wurde. Die im Festsetzungsbeschluss zitierte Entscheidung des AG Schwäbisch Hall führt zu keiner anderen Bewertung der Rechtslage. Das AG hatte den Sachverhalt zu entscheiden, dass der Verteidiger Kontakt zum Opfer aufgenommen hatte, um eine Einigungsbereitschaft zu klären (vgl. AG Schwäbisch Hall, Beschl. v. 13.7.2011 – 1 Ls 41 Js 3615/10). Der vorliegende Fall ist anders gelagert, denn die Erörterungen gingen eindeutig über ein Anbahnungsgespräch hinaus.
Damit berechnet sich der Erstattungsanspruch der Erinnerungsführerin wie folgt:
1. |
Grundgebühr für Verteidiger, Nr. 4100 VV |
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132,00 EUR |
2. |
Verfahrensgebühr für Ermittlungsverfahren; Nr. 4104 VV – Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV um 0,3 wegen zwei Auftraggebern – |
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145,60 EUR |
3. |
Terminsgebühr für Teilnahme an Verhandlungen im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs Nr. 4102 Nr. 4 VV |
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112,00 EUR |
4. |
Verfahrensgebühr für ersten Rechtszug vor Strafkammer/Jugendkammer Nr. 4112 VV – Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV um 0,3 wegen zwei Auftraggebern – |
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161,20 EUR |
5. |
Terminsgebühr für Hauptverhandlung vor Strafkammer, Nr. 4114 VV |
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216,00 EUR |
6. |
Pauschale für Post und Telekommunikation, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
7. |
Dokumentenpauschale für Ablichtungen (185 sw), Nr. 7000 Nr. 1a VV |
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45,25 EUR |
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Zwischensumme netto |
832,05 EUR |
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8. |
19 % Mehrw... |