Leitsatz
- Das Zahlungsverbot nach § 29 VersAusglG erstreckt sich nur auf den im Rahmen der zukünftigen Durchführung des Versorgungsausgleichs abzugebenden Teil der Versorgung.
- Eine nicht nach § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII geschützte Lebensversicherung kann dem Einsatz zur Finanzierung der Kosten eines Gerichtsverfahrens nicht mit dem Argument entzogen werden, sie diene dem Aufbau einer angemessenen Altersversorgung, wenn der um Prozess-/Verfahrenskostenhilfe Nachsuchende eine ausreichende Altersversorgung noch durch Zeiten zukünftiger Erwerbstätigkeit aufbauen kann.
OLG Koblenz, Beschl. v. 19.10.2015 – 13 WF 1013/15
1 Aus den Gründen
Die nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist auch sonst zulässig, insbesondere gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 S. 3, 567 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt. Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg, da das FamG die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe zu Recht versagt hat.
1. Das FamG führt zutreffend aus, dass die dargelegte Vermögenslage der Antragsgegnerin eine Gewährung von Verfahrenskostenhilfe nicht zulässt.
a) Zur Begleichung der Kosten eines Gerichtsverfahrens hat die Antragsgegnerin gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 115 Abs. 3 ZPO grundsätzlich ihr Vermögen einzusetzen, soweit es die Schonvermögensgrenze übersteigt und nicht anderweitig geschützt ist. Zum einzusetzenden Vermögen zählt hier u.a. auch die Lebensversicherung der Antragsgegnerin bei der …[A] AG. Diese hatte zum Ehezeitende einen Wert von 9.192,29 EUR. Nach Durchführung des Versorgungsausgleichs verbleiben der Antragsgegnerin hiervon noch 4.504,22 EUR; die Teilungskosten sind dabei bereits berücksichtigt. Angesichts des letztgenannten, der Antragsgegnerin verbleibenden Vermögenswertes hat das FamG die für Scheidung, Versorgungsausgleich und nachehelichen Unterhalt begehrte Verfahrenskostenhilfe versagt. Das ist im Ergebnis richtig.
Soweit die Beschwerde einwendet, dass ihr der Vermögenswert aus ihrer Lebensversicherung bei der …[A] AG aktuell bis zur Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht zur Verfügung steht, ist dies nicht ersichtlich. Zwar statuiert § 29 VersAusglG ein Zahlungsverbot des Versorgungsträgers an die ausgleichspflichtige Person. Dieses erstreckt sich jedoch nicht mehr wie nach altem Recht (§ 10d VAHRG) auf das gesamte erworbene Anrecht. Aufgrund des durch das neue Recht eingeführten sog. Hin-und-Her-Ausgleichs darf der Versorgungsträger vielmehr sowohl den nicht auf die Ehezeit fallenden Vermögenswert des Anrechts auszahlen als auch die nach Durchführung des Versorgungsausgleichs verbleibende Hälfte des ehezeitlichen Vermögenswerts (vgl. Johannsen/Henrich/Holzwarth, FamR, 6. Aufl. 2015, § 29 VersAusglG Rn 2). Das FamG hat dementsprechend auch lediglich auf die nach Durchführung des Versorgungsausgleichs der Antragsgegnerin verbleibende Hälfte des ehezeitlichen Vermögenswerts abgestellt.
Unter Zugrundelegung des der Antragsgegnerin kürzlich zuerkannten aktuellen Trennungsunterhaltsanspruchs von laufend (nur) 220,00 EUR/monatlich (Senatsbeschl. v. 9.9.2015 – 13 UF 344/15) und der Annahme einer Erfolgsaussicht für einen ebenfalls in dieser Höhe bestehenden Nachscheidungsunterhaltsanspruch dürfte sich der für den Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragsgegnerin maßgebliche Verfahrenswert für das vorliegende Scheidungsverbundverfahren (inkl. Folgesachen) unter Berücksichtigung der antragstellerseits bei Verfahrenseingang (§ 34 FamGKG) mitgeteilten Einkommensverhältnisse sowie der Anzahl der ermittelten Versorgungsausgleichsanrechte auf maximal bis zu 19.000,00 EUR belaufen. Hieraus würden der Antragsgegnerin folglich Gerichts- und Anwaltskosten von rund 2.400,00 EUR erwachsen. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass die Kosten für Scheidung und Versorgungsausgleich sich zumindest zum Teil noch nach dem alten günstigeren Gebührenrecht bestimmen dürften.
Das der Antragsgegnerin zu belassende Schonvermögen beträgt vorliegend gem. § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII unter Berücksichtigung des einen Kindes, dem die Antragsgegnerin Naturalunterhalt gewährt, 2.600,00 EUR + 256,00 EUR = 2.856,00 EUR. Addiert man diesen Betrag mit den vorgenannten Gerichts- und Anwaltskosten von (allenfalls) rund 2.400,00 EUR ergibt sich zwar eine Summe von 5.256,00 EUR. Das sind mehr als der der Antragsgegnerin nach Durchführung des Versorgungsausgleichs verbleibende Ehezeitanteil aus ihrer Lebensversicherung bei der …[A] AG. Zutreffend hat das FamG in der angefochtenen Entscheidung allerdings darauf hingewiesen, dass sich die Auskunft der …[A] über den Wert der Lebensversicherung auf das Ehezeitende, hier also den 1.2.2013, bezieht und sich der Wert der Versicherung seitdem weiter erhöht haben dürfte. Den aktuellen Wert ihrer Lebensversicherung hat die Antragsgegnerin indes auch in ihrer Beschwerde ebenso wenig mitgeteilt wie nicht ersichtlich ist, dass sich die …[A] AG geweigert haben soll, der Antragsgegnerin den dieser nach Durchführung des Versorgungsaus...