Leitsatz (amtlich)

1. Das Zahlungsverbot nach § 29 VersAusglG erstreckt sich nur auf den im Rahmen der zukünftigen Durchführung des Versorgungsausgleichs abzugebenden Teils der Versorgung.

2. Eine nicht nach § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII geschützte Lebensversicherung kann dem Einsatz zur Finanzierung der Kosten eines Gerichtsverfahren nicht mit dem Argument entzogen werden, sie diene dem Aufbau einer angemessenen Altersversorgung, wenn der um Prozess-/Verfahrenskostenhilfe Nachsuchende eine ausreichende Altersversorgung noch durch Zeiten zukünftiger Erwerbstätigkeit aufbauen kann.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 3; SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 9; VersAusglG § 29

 

Verfahrensgang

AG Koblenz (Beschluss vom 02.10.2015)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den ihr Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss des AG - Familiengericht - Koblenz vom 02.10.2015 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist auch sonst zulässig, insbesondere gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 3, 567 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt. Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg, da das Familiengericht die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe zu Recht versagt hat.

1. Das Familiengericht führt zutreffend aus, dass die dargelegte Vermögenslage der Antragsgegnerin eine Gewährung von Verfahrenskostenhilfe nicht zulässt.

a) Zur Begleichung der Kosten eines Gerichtsverfahrens hat die Antragsgegnerin gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 115 Abs. 3 ZPO grundsätzlich ihr Vermögen einzusetzen, soweit es die Schonvermögensgrenze übersteigt und nicht anderweitig geschützt ist. Zum einzusetzenden Vermögen zählt hier u.a. auch die Lebensversicherung der Antragsgegnerin bei der... AG. Diese hatte zum Ehezeitende einen Wert von 9.192,29 EUR. Nach Durchführung des Versorgungsausgleichs verbleiben der Antragsgegnerin hiervon noch 4.504,22 EUR; die Teilungskosten sind dabei bereits berücksichtigt. Angesichts des letztgenannten, der Antragsgegnerin verbleibenden Vermögenswertes hat das Familiengericht die für Scheidung, Versorgungsausgleich und nachehelichen Unterhalt begehrte Verfahrenskostenhilfe versagt. Das ist im Ergebnis richtig.

Soweit die Beschwerde einwendet, dass ihr der Vermögenswert aus ihrer Lebensversicherung bei der... AG aktuell bis zur Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht zur Verfügung steht, ist dies nicht ersichtlich. Zwar statuiert § 29 VersAusglG ein Zahlungsverbot des Versorgungsträgers an die ausgleichspflichtige Person. Dieses erstreckt sich jedoch nicht mehr wie nach altem Recht (§ 10d VAHRG) auf das gesamte erworbene Anrecht. Aufgrund des durch das neue Recht eingeführten sog. Hin-und-Her-Ausgleichs darf der Versorgungsträger vielmehr sowohl den nicht auf die Ehezeit fallenden Vermögenswert des Anrechts auszahlen als auch die nach Durchführung des Versorgungsausgleichs verbleibende Hälfte des ehezeitlichen Vermögenswerts (vgl. Johannsen/Henrich/Holzwarth FamR 6. Aufl. 2015 § 29 VersAusglG Rn. 2). Das Familiengericht hat dementsprechend auch lediglich auf die nach Durchführung des Versorgungsausgleichs der Antragsgegnerin verbleibende Hälfte des ehezeitlichen Vermögenswerts abgestellt.

Unter Zugrundelegung des der Antragsgegnerin kürzlich zuerkannten aktuellen Trennungsunterhaltsanspruchs von laufend (nur) 220 EUR/mtl. (Senatsbeschluss vom 09.09.2015 - 13 UF 344/15) und der Annahme einer Erfolgsaussicht für einen ebenfalls in dieser Höhe bestehenden Nachscheidungsunterhaltsanspruch dürfte sich der für den Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragsgegnerin maßgebliche Verfahrenswert für das vorliegende Scheidungsverbundverfahren (inkl. Folgesachen) unter Berücksichtigung der antragstellerseits bei Verfahrenseingang (§ 34 FamGKG) mitgeteilten Einkommensverhältnisse sowie der Anzahl der ermittelten Versorgungsausgleichsanrechte auf maximal bis zu 19.000 EUR belaufen. Hieraus würden der Antragsgegnerin folglich Gerichts- und Anwaltskosten von rund 2.400 EUR erwachsen. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass die Kosten für Scheidung und Versorgungsausgleich sich zumindest zum Teil noch nach dem alten günstigeren Gebührenrecht bestimmen dürften.

Das der Antragsgegnerin zu belassende Schonvermögen beträgt vorliegend gemäß § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII unter Berücksichtigung des einen Kindes, dem die Antragsgegnerin Naturalunterhalt gewährt, 2.600 EUR + 256 EUR = 2.856 EUR. Addiert man diesen Betrag mit den vorgenannten Gerichts- und Anwaltskosten von (allenfalls) rund 2.400 EUR ergibt sich zwar eine Summe von 5.256 EUR. Das sind mehr als der der Antragsgegnerin nach Durchführung des Versorgungsausgleichs verbleibende Ehezeitanteil aus ihrer Lebensversicherung bei der... AG. Zutreffend hat das Familiengericht in der angefochtenen Entscheidung allerdings darauf hingewiesen, dass sich die Auskunft der... AG über den Wert der Lebensversicherung auf das Ehezeitende, hier also den 01.02.2013, bezieht und si...

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