Der beigeordneten Prozessbevollmächtigten des Klägers steht eine festzusetzende Vergütung i.H.v. insgesamt 909,51 EUR zu.
Der Anspruch der Klägervertreterin auf Vergütung in Höhe einer 1,3-fachen Verfahrensgebühr gem. §§ 45 Abs. 1, 49 RVG, Nr. 3100 VV ist nicht durch Anrechnung der für die vorgerichtliche Vertretung entstandenen Geschäftsgebühr gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV i.H.v. 124,53 EUR incl. Mehrwertsteuer erloschen.
1. Die allgemeinen Vorschriften zur Anrechnung gelten auch für die Vergütung des Rechtsanwaltes, der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet ist (Brandenburgisches OLG v. 25.7.2011 – 6 W 55/10 [= AGS 2011, 549]; OLG Zweibrücken v. 11.5.2010, 2 WF 33/10 [= AGS 2010, 329]; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Rn 35 zu § 58 RVG m.w.Nachw.). Damit gilt grundsätzlich auch Vorbem. 3 Abs. 4 VV im Verhältnis zwischen der Staatskasse und den im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt ebenso wie der diese Anrechnungsbestimmung flankierende am 5.8.2009 in Kraft getretene § 15a RVG (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt a.a.O., § 15a Rn 7).
2. Die vorgenommene Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV scheitert daran, dass die Verfahrensgebühr nicht von vornherein gekürzt entsteht, sondern nur zu einer Begrenzung des Gebührenanspruchs des Rechtsanwalts im Innenverhältnis zu seinem Mandanten führt. Dies war zwar vor Inkrafttreten des § 15a RVG umstritten, ist jedoch mit Einführung des § 15a RVG geklärt. Denn nach § 15a Abs. 1 RVG kann dann, wenn das Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vorsieht, der Rechtsanwalt beide Gebühren fordern, jedoch nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren. Nach dieser Vorschrift bedeutet Anrechnung i.S.d. RVG gerade nicht das Erlöschen der einen oder anderen Gebühr in bestimmter Höhe, sondern lediglich eine Begrenzung nach oben innerhalb derer dem Rechtsanwalt ein Wahlrecht zusteht.
Dies gilt auch gegenüber der Staatskasse, da § 15a Abs. 1 RVG auch für den Prozesskostenhilfeanwalt gegenüber der Staatskasse gilt (LAG Hamm v. 16.3.2010 – 6 Ta 866/09; Müller-Rabe a.a.O. § 15a RVG Rn 7; vgl. auch OLG Frankfurt v. 12.12.2011 – 18 W 214/11, das allerdings an der Kürzung der Verfahrensgebühr bereits mit Entstehung der Geschäftsgebühr festhält). Nach § 15a Abs. 1 RVG kann der Rechtsanwalt daher trotz Anrechnung wählen, welche Gebühr er bei seinem Auftraggeber oder gegenüber der Staatskasse geltend macht. Er kann nur insgesamt nicht mehr fordern, als ihm unter Berücksichtigung der Anrechnung zusteht (LAG Hamm a.a.O.). Unter Berücksichtigung der Anrechnung steht der Klägervertreterin insgesamt an Verfahrens- und Geschäftsgebühr eine Gebühr von 1,95 zu (1,3-Geschäftsgebühr als Regelfall + 1,3-Verfahrensgebühr ./. 0,65 Anrechnung). Mit der Geltendmachung der 1,3-Verfahrensgebühr gegenüber der Staatskasse und der 0,65-Geschäftsgebühr gegenüber dem Mandanten wird diese Grenze nicht überschritten.
Soweit sich der Kostenbeamte und wohl auch der Erstrichter auf die Entscheidung des LAG Hessen v. 10.5.2010 – 13 Ta 177/10, bestätigt durch Beschl. v. 8.11.2010 – 13 Ta 374/10 beruft, so ist darauf hinzuweisen, dass diese Entscheidungen vor Inkrafttreten des § 15a RVG und den Änderungen in § 55 RVG ergingen und die Anwendung dieser neuen Vorschriften für Altfälle ausdrücklich abgelehnt wurde.
3. Nach den Angaben der Klägervertreterin hat sie Vorschüsse und sonstige Zahlungen (§ 58 RVG) nicht erhalten, also auch keine Geschäftsgebühr. Auch hieran scheitert im vorliegenden Fall die Anrechnung.
Anzurechnen ist die Geschäftsgebühr gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV, § 15a RVG auf die Verfahrensgebühr gem. §§ 45 Abs. 1, 49 RVG, Nr. 3100 VV nämlich nur, soweit die Geschäftsgebühr an den beigeordneten Rechtsanwalt tatsächlich gezahlt worden ist. Die bloße Entstehung der Geschäftsgebühr genügt im Verfahren auf Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütungen nach § 55 RVG nicht (LAG Hamm a.a.O.; Brandenburgisches OLG a.a.O. Rn 14; OLG Zweibrücken a.a.O. Rn 23; Müller-Rabe a.a.O. Rn 36 zu § 58; Schneider in: Schneider/Wolf, RVG 5. Aufl. Rn 25 zu § 15a; Enders, JurBüro 2009, 398 und 2010, 3, 59). Dies ist nunmehr durch § 55 Abs. 5 S. 2 bis 4 RVG klargestellt.
Der Antrag des beigeordneten Rechtsanwalts auf Vergütung aus der Staatskasse hat gem. § 55 Abs. 5 S. 2 RVG nur die Erklärung zu enthalten, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt erhalten hat. Spätere Zahlungseingänge muss der Rechtsanwalt unverzüglich anzeigen. Er muss jedoch nicht angeben, ob er auch vorgerichtlich tätig war. § 55 Abs. 5 S. 2 bis 4 RVG gilt auch für die Geschäftsgebühr (Brandenburgisches OLG a.a.O. Rn 14; Müller-Rabe a.a.O., § 58 RVG Rn 38). Diese Vorschrift wurde im Zusammenhang mit der Neuregelung von § 15a RVG modifiziert und ist am 5.8.2009 in Kraft getreten. Mit § 15a RVG sollte nach dem Willen des Gesetzgebers eine als unbefriedigend befundene Rspr. verschiedener Senate des BGH zur Anrechnung der Geschäft...