Eingefügt wird zum derzeitigen Wortlaut der Zusatz "und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann". Damit soll wie auch in anderen Fällen das Entstehen einer "fiktiven" Terminsgebühr auf die Fälle beschränkt werden, in denen der Anwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann. Nur in diesen Fällen ist nach Auffassung des BMJ eine Steuerungswirkung notwendig. Der Anwalt soll also nur dann von einer "fiktiven" Terminsgebühr profitieren, wenn ihm dadurch eine an sich zu erwartende Verhandlungsgebühr entgeht. Es soll damit für ihn ein Anreiz geschaffen werden, nicht aus Gebühreninteressen auf der Durchführung der Verhandlung zu bestehen. In den Fällen, in denen das Gericht ohnehin ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist dieser Anreiz nicht erforderlich. Wie auch in anderen Fällen will der Gesetzgeber auch hier das Vergütungsverzeichnis bereinigen und bisher mögliche Terminsgebühren in Verfahren, in denen ohnehin ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, aus dem Anwendungsbereich der Terminsgebühr herausnehmen.
Eingeschränkt wird der Anwendungsbereich der Terminsgebühr bei Erlass eines Gerichtsbescheids. Eine Terminsgebühr bei Erlass eines Gerichtsbescheids soll künftig in allen Gerichtsbarkeiten nur noch dann anfallen, wenn im Verfahren eine mündliche Verhandlung erzwungen werden kann (siehe auch die Änderungen zu Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3106, Anm. Abs. 1 u. 2 zu Nr. 3202; Nr. 3210 VV). Das wiederum ist in Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit nur dann der Fall, wenn kein Rechtsmittel gegeben ist, also bei Entscheidungen des SG, die nicht kraft Gesetzes berufungsfähig sind und bei denen die Berufung auch nicht zugelassen worden ist (§ 105 Abs. 2 S. 2 SGG). In diesem Fall haben die Parteien die Möglichkeit, nach Erlass des Gerichtsbescheids innerhalb von einem Monat eine mündliche Verhandlung zu beantragen (§ 105 Abs. 2 SGG), sodass hier weiterhin eine Terminsgebühr anfällt, wenn das SG durch Gerichtsbescheid entscheidet, ohne dass ein Termin stattgefunden hat.
Kann gegen den Gerichtsbescheid jedoch ein Rechtsmittel erhoben werden, weil die Entscheidung des SG kraft Gesetzes berufungsfähig ist oder das SG die Berufung zugelassen hat (§ 144 SGG), fällt keine Terminsgebühr an, weil dann eine mündliche Verhandlung nicht obligatorisch ist.
Soweit nur die Möglichkeit besteht, gegen die Nichtzulassung der Berufung gem. § 145 SGG Beschwerde einzulegen, führt dies nicht zum Ausschluss der Terminsgebühr. Zwar ist dann bei positiver Bescheidung der Beschwerde die Berufung eröffnet; nach einhelliger Rspr. kann jedoch immer mündliche Verhandlung beantragt werden, wenn die Berufung nicht von Vornherein zulässig ist. Die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde steht dem Antrag auf mündliche Verhandlung nicht entgegen.
Eine gleichlautende Regelung für die Verfahren, in denen nach Betragsrahmengebühren abgerechnet wird, findet sich in Anm. S. 1 Nr. 2 zu Nr. 3106 VV-E. Siehe hierzu e).
Beispiel 3: Entscheidung durch Gerichtsbescheid (I)
Das SG entscheidet über die Anfechtungsklage (Wert: 5.000,00 EUR) durch Gerichtsbescheid und lässt die Berufung nicht zu.
Da mangels Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid der Antrag auf mündliche Verhandlung gegeben ist (§ 105 Abs. 2 SGG), entsteht eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV-E. Dass gegen die Nichtzulassung der Berufung Beschwerde erhoben werden kann, ist unerheblich. Ausgehend von den neuen Gebührenbeträgen des § 13 RVG-E ist wie folgt abzurechnen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 5.000,00 EUR) |
387,40 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV-E (Wert: 5.000,00 EUR) |
357,60 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
765,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
145,35 EUR |
|
Gesamt |
910,35 EUR |
Beispiel 4: Entscheidung durch Gerichtsbescheid (II)
Das SG entscheidet über die Anfechtungsklage (Wert: 5.000,00 EUR) durch Gerichtsbescheid und lässt die Berufung zu.
Da wegen der Möglichkeit der Berufung gegen den Gerichtsbescheid ein Antrag auf mündliche Verhandlung nicht gegeben ist (§ 105 Abs. 2 SGG), entsteht keine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV-E. Es bleibt bei der Verfahrensgebühr.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 5.000,00 EUR) |
387,40 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
407,40 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
77,41 EUR |
|
Gesamt |
484,81 EUR |
Unklar ist, ob der Gerichtsbescheid rechtskräftig werden muss oder ob die Terminsgebühr auch dann anfällt, wenn Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt wird, es dazu aber nicht mehr kommt.
Beispiel 5: Entscheidung durch Gerichtsbescheid (III)
Das SG entscheidet über die Anfechtungsklage (Wert: 5.000,00 EUR) durch Gerichtsbescheid und lässt die Berufung nicht zu. Daraufhin wird Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Vor Durchführung des Termins nimmt die Behörde den angefochtenen Bescheid zurück, sodass sich das Verfahren in der Hauptsache erledigt. D...