Leitsatz
- Ein Anspruch auf Kostenerstattung für ein Abschlussschreiben setzt voraus, dass der Gläubiger vor dessen Übersendung eine angemessene Wartefrist von mindestens zwei Wochen nach Zustellung des Urteils, durch das die einstweilige Verfügung erlassen oder bestätigt worden ist, an den Schuldner abgewartet hat.
- Um die Kostenfolge des § 93 ZPO im Hauptsacheverfahren zu vermeiden, muss der Gläubiger dem Schuldner außerdem eine Erklärungsfrist von im Regelfall mindestens zwei Wochen für die Prüfung einräumen, ob er die Abschlusserklärung abgeben will, wobei die Summe aus Warte- und Erklärungsfrist nicht kürzer als die Berufungsfrist (§ 517 ZPO) sein darf.
- Eine dem Schuldner gesetzte zu kurze Erklärungsfrist setzt eine angemessene Erklärungsfrist in Gang; der Kostenerstattungsanspruch des Gläubigers für das Abschlussschreiben bleibt davon unberührt.
- Ein Abschlussschreiben ist im Regelfall mit einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV zu vergüten.
BGH, Urt. v. 22.1.2015 – I ZR 59/14
1 Sachverhalt
Die Klägerin nimmt die Beklagte im Anschluss an eine wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung auf Erstattung der Kosten eines Abschlussschreibens in Anspruch.
Die Klägerin ließ der Beklagten am 6.9.2012 eine als Beschluss ergangene einstweilige Verfügung des LG zustellen, durch die der Beklagten sieben Werbeaussagen für ein Arzneimittel verboten wurden. Nach Widerspruch der Beklagten bestätigte das LG die einstweilige Verfügung mit Urt. v. 29.11.2012, das der Beklagten am 11.1.2013 zugestellt wurde.
Mit per Telefax am 28.1.2013 übersandtem Schreiben forderte die Klägerin die Beklagte zur Abgabe einer wettbewerbsrechtlichen Abschlusserklärung auf. Darin setzte sie der Beklagten eine Frist bis zum 7.2.2013, um die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen.
Mit Schreiben vom 29.1.2013 gab die Beklagte eine Abschlusserklärung hinsichtlich fünf der sieben Unterlassungsansprüche ab. Im Hinblick auf die verbleibenden zwei Unterlassungsansprüche legte sie Berufung gegen das Urteil des LG ein.
Unter dem 31.1.2013 übersandte die Klägerin der Beklagten eine Kostenrechnung für das Abschlussschreiben über insgesamt 2.841,00 EUR, die sie auf Grundlage einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 285.000,00 EUR zuzüglich der Auslagenpauschale von 20,00 EUR errechnet hatte.
Nach Zurückweisung dieser Zahlungsforderung durch die Beklagte begehrt die Klägerin, die Beklagte zur Zahlung von 2.841,00 EUR nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit zu verurteilen. Das LG hat der Klage auf der Grundlage einer 0,8-fachen Geschäftsgebühr in Höhe von 1.756,00 EUR zuzüglich Zinsen stattgegeben. Die dagegen gerichteten Berufungen beider Parteien hatten keinen Erfolg (OLG Hamburg GRUR-RR 2014, 229 = WRP 2014, 483 [= AGS 2014, 357]).
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag sowie den in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag auf Reduzierung des zuerkannten Betrags auf eine 0,3-fache Geschäftsgebühr weiter. Die Klägerin begehrt im Wege der Anschlussrevision, die Beklagte zur Zahlung weiterer 1.085,00 EUR nebst Zinsen zu verurteilen. Die Beklagte beantragt, die Anschlussrevision zurückzuweisen.
2 Aus den Gründen
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Zahlungsantrag der Klägerin sei auf der Grundlage einer 0,8-fachen Geschäftsgebühr in Höhe von 1.756,00 EUR begründet. Dazu hat es ausgeführt:
Der Zahlungsanspruch ergebe sich im zuerkannten Umfang aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Versendung des Abschlussschreibens am 28.1.2013 sei erforderlich gewesen und habe dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprochen. Dies setze zwar voraus, dass der Gläubiger dem Schuldner vor Versendung des Abschlussschreibens ausreichend Zeit gewähre, um die Abschlusserklärung von sich aus abgeben zu können. Die angemessene Wartefrist habe die Klägerin aber eingehalten, da sie der Beklagten das Abschlussschreiben erst 17 Tage nach Zustellung des Urteils des LG vom 29.11.2012 übersandt habe. Eine generelle Erstreckung der Wartefrist auf den Ablauf der Berufungsfrist komme nicht in Betracht.
Auch die von der Klägerin im Abschlussschreiben nur bis zum 7.2.2013 gesetzte Antwortfrist stehe ihrem Erstattungsanspruch nicht entgegen. Zwar sei dem Schuldner im Abschlussschreiben eine angemessene Frist zu setzen, die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen. Im Streitfall erweise sich die mit zehn Tagen bemessene Antwortfrist aber noch als angemessen. Selbst wenn sie aber zu kurz bemessen gewesen sein sollte, weil sie noch während der laufenden Berufungsfrist abgelaufen sei, wäre an die Stelle der zu kurzen Frist jedenfalls eine angemessene Frist getreten. Da die Kosten des Abschlussschreibens bereits zuvor mit dessen Übersendung nach Ablauf der angemessenen Wartefrist entstanden seien, wirke sich die Angemessenheit der gesetzten Antwortfrist nicht auf die Verpflichtung zur Kostentragung für das Abschlussschreiben aus.
Die zu erstattenden Kosten...