Mit Recht hat der Rechtspfleger des LG die Festsetzung der von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensgebühr, Auslagenpauschale und Umsatzsteuer für die weitere Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Einspruch gegen das Versäumnisurteil abgelehnt.
Denn neben den bereits festgesetzten Kosten ist durch die Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Einspruch gegen das Versäumnisurteil keine weitere erstattungsfähige Verfahrensgebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer entstanden. Diese Tätigkeit gehört noch zur selben Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG.
Zwar definiert § 15 Abs. 2 RVG den Begriff derselben Angelegenheit nicht. Ein Vergleich mit § 16 Nr. 11 und § 17 Nr. 1 RVG zeigt aber, dass verschiedene Rechtszüge verschiedene Angelegenheiten darstellen, derselbe Rechtszug hingegen auch nur eine Angelegenheit. Für den Rechtsbehelf des Einspruchs trifft das RVG keine ausdrückliche Aussage darüber, ob dieser als derselbe Rechtszug und damit dieselbe Angelegenheit oder aber ähnlich einem anderen Rechtszug als eine gesonderte Angelegenheit gelten soll. Allerdings findet sich in Nr. 3105 VV die Bestimmung, dass sich die 1,2fache Termingebühr aus Nr. 3104 VV ("Die Gebühr 3104 beträgt") bei Wahrnehmung nur eines Termins (in dem eine Partei nicht erschienen ist und lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil gestellt wird) auf eine 0,5fache Termingebühr ermäßigt, während sie bei Wahrnehmung eines weiteren Termins nach Nr. 3104 VV erhalten bleibt: Die zunächst auf das 0,5fache ermäßigte Gebühr "erstarkt" durch einen späteren Termin wie z.B. zur Verhandlung über den Einspruch wieder zur vollen 1,2fachen Gebühr (vgl. Ahlmann, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., VV 3105 Rn 14; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., VV 3104 Rn 30, VV 3105 Rn 22, 57–59). Sie bleibt gerade nicht als eigenständige Gebühr zusätzlich bestehen. Das spricht dagegen, die anwaltliche Tätigkeit im Zusammenhang mit einem Einspruch gegen ein Versäumnisurteil als gesonderte Angelegenheit einzuordnen.
Darüber hinaus ist das Verfahren nach einem Einspruch gegen ein Versäumnisurteil nicht mit einem Rechtsmittelverfahren (Berufung oder Revision) nach einem die Instanz abschließenden Urteil vergleichbar. Es tritt gerade keine verfahrensrechtliche Zäsur ein, sondern der Prozess wird, soweit der Einspruch reicht, in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand (§ 342 ZPO). Besondere verfahrensrechtliche Vorschriften wie z.B. die der §§ 530, 531 ZPO spielen dabei keine Rolle und erfordern keine erneute, vertiefende Vorbereitung des Rechtsanwalts.
Es entspricht daher nicht nur der Ansicht des Senats, sondern – soweit ersichtlich – bislang auch der einhelligen Meinung in der Kommentarliteratur (vgl. Schneider, in: Schneider/Wolf, RVG, 7. Aufl., § 15 RVG Rn 188, VV 3105 Rn 1, 21; Hartmann, KostG, 46. Aufl., § 15 RVG Rn 32; Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 15 RVG Rn 85, § 17 RVG Rn 44) und Rspr. (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 24.8.2010 – 14 W 463/10, JurBüro 2010, 584, Rn 13 [= AGS 2010, 464]; OLG Köln, Beschl. v. 5.11.2008 – 17 W 227/08, zitiert nach juris, Rn 12; OLG Köln, Beschl. v. 21.6.2006 – 17 W 126/06, zitiert nach juris, Rn 6 f.), dass das Verfahren nach Einspruch immer zur selben Angelegenheit gehört wie das dem Versäumnisurteil vorausgehende Verfahren: "Dass es sich bei dem Verfahren vor und nach dem Versäumnisurteil um dieselbe Angelegenheit handelt, steht außer Zweifel." (OLG Koblenz, a.a.O.).
Was aber im Hinblick auf die Termingebühr gilt, gilt dann für die hier begehrte – doppelte – Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV erst recht: Das Verfahren vor dem Versäumnisurteil und nach dem Einspruch ist weiterhin dieselbe Angelegenheit. Der Ansicht von Rehberg in der von der Klägerin in Bezug genommenen Fundstelle liegt bereits ein abweichendes – fehlerhaftes – Verständnis der Nrn. 3104, 3105 VV zugrunde. Dass der Einspruch "wohl" kein Rechtsmittel darstelle, aber ihm in mancher Beziehung nahekomme, rechtfertigt es nicht, das Rechtsbehelfsverfahren entgegen den Nrn. 3104, 3105 VV und ohne ausdrückliche Aufzählung wie in § 17 Nr. 1 RVG als gesonderte Angelegenheit zu betrachten.
Der Einholung eines Gutachtens bedarf es nicht, weil es vorliegend nicht um die Höhe einer etwaigen Gebühr, sondern um deren Entstehung dem Grunde nach geht.
II. Weder die Übertragung auf den Senat nach § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO noch die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 ZPO sind veranlasst, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist: Die hier aufgeworfene Rechtsfrage bedarf derzeit keiner höchstrichterlichen Beantwortung, weil, soweit ersichtlich, in der Instanzrechtsprechung keine unterschiedlichen Auffassungen vertreten werden und es sich bei der von der Klägerin zitierten Auffassung lediglich um eine Einzelmeinung in der Lit. handelt.
AGS 7/2016, S. 318 - 319