Immer wieder werden die Auswirkungen einer Verjährungshemmung nach § 8 Abs. 2 RVG in der Praxis missverstanden.
Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 RVG soll den Anwalt davor bewahren, während eines anhängigen gerichtlichen Verfahrens Maßnahmen ergreifen zu müssen, um die Verjährung seiner Vergütung aus Vorinstanzen zu verhindern. Daher ordnet § 8 Abs. 2 RVG eine Hemmung der Verjährung an, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.
Beispiel
Im Jahr 2010 ist das Urteil erster Instanz ergangen. Das Berufungsurteil ist im Jahr 2013 ergangen, das zu einer Aufhebung und Zurückverweisung geführt hat. Die erste Instanz hat dann im Jahr 2015 erneut entschieden. Das Berufungsgericht hat gegen die erneute Berufung im Jahr 2018 entschieden.
Für jede der einzelnen Instanzen gilt nach § 8 Abs. 1 RVG eine gesonderte Fälligkeit.
Für jede dieser Instanzen läuft auch eine gesonderte Verjährungsfrist, nämlich jeweils mit Ende des Kalenderjahres.
Ohne die Vorschrift des § 8 Abs. 2 RVG wäre der Anwalt gezwungen gewesen, schon mit Ende des Jahres 2013 verjährungsunterbrechende Maßnahmen für die erste Instanz zu treffen. Für das erste Berufungsverfahren hätte er sich mit Ende des Jahres 2016 um Verjährungsunterbrechung kümmern müssen etc. Dies soll § 8 Abs. 2 RVG verhindern, indem er anordnet, dass die Verjährung hinsichtlich der Vergütung aus Vorinstanzen gehemmt wird.
In der Praxis wird aber immer wieder übersehen, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 2 RVG nicht zu einer Unterbrechung der Verjährung führt und auch nicht zu einem Hinausschieben des Fälligkeitszeitpunktes. Das hat zur Folge, dass die Verjährungsfrist ungeachtet des § 8 Abs. 2 RVG in Gang gesetzt wird. Sie wird dann aber in derselben juristischen Sekunde gehemmt.
Nunmehr ist aber zu berücksichtigen, dass nach Wegfall der Hemmung die weitere Verjährungsfrist zu laufen beginnt. Nach einer Hemmung kann also eine (weiter) Verjährungsfrist auch unterjährig in Gang gesetzt werden. Nur hinsichtlich der Vergütung aus der letzten Instanz gilt dann die Verjährung zum Ende des Kalenderjahres.
Damit ergeben sich automatisch zwei verschiedene Verjährungszeitpunkte. Während für die letzte Instanz ab Wegfall der Hemmung die dreijährige Kalenderjahresendfrist gilt, gilt für die übrige Vergütung die taggenaue unterjährige Verjährung.
Ungeachtet dessen ist nicht nachvollziehbar, wieso Anwälte mit ihrer Abrechnung so lange warten, dass sie in Verjährungsproblemen geraten. Wer seine Vergütung unmittelbar nach Abschluss der jeweiligen Angelegenheit – bzw. Instanz – abrechnet, kann keione Probleme bei der Verjährung bekommen. Noch besser ist es, zuvor ausreichende Vorschüsse nach § 9 RVG anzufordern.
Norbert Schneider
AGS 7/2018, S. 337 - 339