Der Klägervertreter kann verlangen, dass die beiden Verfahren 2 Ca 295/10 und 2 Ca 298/10 des ArbG getrennt abgerechnet aus der Staatskasse vergütet werden.
In beiden Rechtsstreiten ist der Klägerin jeweils Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr ihr Prozessbevollmächtigter beigeordnet worden. Dies hat die Beschwerdekammer gem. § 48 Abs. 1 RVG hinzunehmen. Die Beschwerdekammer sieht sich nicht mehr in der Lage, die dadurch entstandenen Mehrkosten durch die Addition der Streitwerte beider Verfahren und eine gemeinsame Abrechnung zu kompensieren.
Die Beschwerdekammer hat ihre bislang anderslautende Rspr. dazu kürzlich aufgegeben (vgl. Beschl. v. 2.11.2011 – 13 Ta 369/11). Sie schließt sich jetzt im Sinne einer einheitlichen Rechtsanwendung der Auffassung des BAG aus dessen Beschlüssen v. 17.2.2011 – 6 AZB 3/11, NZA 2011, 422 u. v. 8.9.2011 – 3 AZB 46/10, NJW 2011, 3160 an.
Richtig bleibt allerdings immer noch der Grundsatz, dass die Parteien gem. § 91 ZPO gehalten sind, die Kosten des Verfahrens angemessen niedrig zu halten. Dies gilt umso mehr in, wenn – wie hier – die Kosten für beigeordnete Rechtsanwälte aus öffentlichen Mitteln zu tragen sind (vergleiche zuletzt Kammerbeschl. v. 11.1.2011 – 13 Ta 496/10 m.w.Nachw.). Jede Partei ist gehalten, solche zumutbaren und Kosten sparenden prozessualen Möglichkeiten wahrzunehmen, die sie auch wahrnehmen würde, wenn sie "aus eigener Tasche" prozessieren würde.
Wenn daher eine bemittelte Partei, die vernünftig abwägt und die möglichen Kostenfolgen berücksichtigt, begründeten Anlass gehabt hätte, ein gesondertes Verfahren anhängig zu machen statt eine bereits anhängige Klage zu erweitern, ist diese Möglichkeit auch der unbemittelten Partei zu eröffnen. Dabei können sich insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Rechtsverfolgung sachliche Gründe ergeben, eine gesonderte Klage zu erheben statt eine bereits anhängige Klage zu erweitern In der Regel wird die Vermeidung der Überfrachtung eines Verfahrens durch eine Vielzahl inhaltlich nicht miteinander zusammenhängender Streitgegenstände berechtigten Anlass geben, eine gesonderte Klage zu erheben. Die Gefahr einer sonstigen Überlastung des Rechtsstreits kann ebenfalls dafür sprechen, mehrere Rechtsstreitigkeiten anhängig zu machen. So wird es oft liegen, wenn die Entscheidung über verschiedene Streitgegenstände zwar voneinander abhängt, sich aber hinsichtlich der nachrangigen Streitgegenstände besondere Probleme stellen. Auch eine Prozesspartei, die Kosten selbst zu tragen hat, wird vernünftigerweise ein neues Verfahren anhängig machen, wenn durch die Klageerweiterung eine unangemessene Verzögerung der Entscheidung über den ursprünglich geltend gemachten Streitgegenstand zu besorgen ist, weil nicht sicher mit einem Teilurteil gerechnet werden kann. Bei Bestandsstreitigkeiten, für die nach den §§ 61a, 64 Abs. 8 ArbGG eine besondere Prozessförderungspflicht besteht, wird eine gesonderte Klageerhebung zumeist angebracht erscheinen. In jedem Fall hat der Antragsteller die Gründe darzulegen, die ihn zur Erhebung einer gesonderten Klage veranlasst haben (BAG v. 8.9.2011, a.a.O.).
Die Frage, ob ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur kostengünstigeren Rechtsverfolgung vorliegt, ist allerdings nicht erst im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 55 Abs. 1 RVG zu berücksichtigen, wie dies bisher die Beschwerdekammer und mit ihr auch andere Instanzgerichte vertreten haben (vgl. z.B. LAG Rheinland-Pfalz v. 19.12.2007 – 9 Ta 270/07, MDR 2008, 532 LAG München v. 15.7.2009 – 10 Ta 186/08, JurBüro 2010, 26 LAG Berlin v. 27.4.2006 – 17 Ta(Kost) 6012/06, NZA-RR 2006, 432).
Vielmehr begründet ein solcher Verstoß die Mutwilligkeit i.S.d. § 114 S. 1 ZPO (BAG v. 17.2.2011 u. v. 8.9.2011, a.a.O.).
Die Rechtsverfolgung mehrerer Ansprüche gegen dieselbe Partei in getrennten Prozessen ist mutwillig, wenn dies zu höheren Kosten für die Staatskasse führt und keine nachvollziehbaren Sachgründe für diese Prozessführung vorliegen. Der Umstand, dass es im Ermessen des ArbG steht, beide Rechtsstreitigkeiten gem. § 147 ZPO zu verbinden, ändert hieran nichts. Eine getrennte Klageerhebung ist mutwillig, wenn keine nachvollziehbaren Gründe vorliegen. Diese erfordern einen plausiblen Vortrag des Antragstellers, aus dem sich ergibt, dass ein sachlich begründeter Anlass bestand, von einer möglichen Klageerweiterung in einem anhängigen Rechtsstreit abzusehen. Denkbar wäre dies, wenn in dem bereits anhängigen Verfahren mit erheblichen Verzögerungen bei der weiteren Durchführung (z.B. wegen der Einholung eines Sachverständigengutachtens) zu rechnen ist. Der Umstand, dass – anders als bei einer neuen Klage – bei einer Klageerweiterung eines schon anhängigen Rechtsstreits kein zeitnaher Gütetermin mehr stattfindet, dürfte hingegen grundsätzlich nicht ausreichen (so auch Arendt, jurisPR-ArbR 22/2011 Anm. 6).
Im vorliegenden Falle ist das ArbG nicht von der Mutwilligkeit der zweiten getrennten Klageerhebung ausgegangen und hat in beiden Verfahren Prozesskostenhilfe bewil...