Leitsatz
Ein nach § 121 Abs. 4 ZPO beigeordneter Rechtsanwalt kann grundsätzlich nur die Verfahrensgebühr aus Nr. 3400 VV beanspruchen. Eine weitergehende Tätigkeit, wie z.B. Mitwirkung am Abschluss eines Vergleiches ist vom Beiordnungsbeschluss regelmäßig nicht mit umfasst.
LAG Nürnberg, Beschl. v. 23.3.2016 – 5 Ta 36/16
1 Sachverhalt
Der in Duisburg ansässige Kläger erhob im vorliegenden Verfahren eine Kündigungsschutz- sowie eine Zahlungsklage bei dem für den Sitz der Beklagten zuständigen ArbG Nürnberg. Dem Kläger wurde für die erste Instanz und den Vergleich Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt U. als Hauptbevollmächtigter sowie Rechtsanwalt M. (Beschwerdeführer) als Verkehrsanwalt beigeordnet.
Das Verfahren endete aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs. Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin die Vergütungsfestsetzung aus der Staatskasse und machte neben der Verfahrensgebühr als Verkehrsanwalt eine Einigungsgebühr entsprechend den Nrn. 1003, 1000 VV geltend. Durch Vergütungsfestsetzungsbeschluss wurde die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung festgesetzt. Die geltend gemachte Einigungsgebühr wurde dabei herausgerechnet. Dagegen hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt. Der Erinnerung wurde weder durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle noch durch das ArbG abgeholfen. Der Beschwerde hat das ArbG ebenfalls nicht abgeholfen und die Sache dem LAG zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Das ArbG hat die Erinnerung des Beschwerdeführers zu Recht zurückgewiesen.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die dem Beschwerdeführer aus der Landeskasse zu erstattenden Kosten zutreffend festgesetzt. Zu Recht hat sie die Einigungsgebühr aus dem Kostenfestsetzungsantrag des Beschwerdeführers herausgerechnet. Eine Einigungsgebühr steht dem Beschwerdeführer als beigeordnetem Verkehrsanwalt des Klägers nicht zu. Der Beschwerdeführer war vom ArbG antragsgemäß als Verkehrsanwalt beigeordnet worden. Nach § 121 Abs. 4 ZPO erfolgt die Beiordnung als Verkehrsanwalt zur Vermittlung des Verkehrs einer Partei mit ihrem Prozessbevollmächtigten. Der Verkehrsanwalt ist nicht unterbevollmächtigter Anwalt. Insbesondere hat er als Verkehrsanwalt nicht die Stellung eines Prozessbevollmächtigten. Dies findet seinen Niederschlag auch in Nr. 3400 VV, nach der sich der Auftrag des Verkehrsanwalts auf die Führung des Verkehrs der Partei "mit dem Verfahrensbevollmächtigten" beschränkt. Wirkt der Verkehrsanwalt beim Abschluss eines Vergleichs mit, erhält er aus der Staatskasse keine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV und kann diese grundsätzlich nicht beanspruchen (Siehe hierzu mit überzeugender Begründung und weiteren Nachweisen LAG Düsseldorf v. 18.11.2005 – 16 Ta 603/05 [= AGS 2006, 198] und Hessisches LAG v. 2.10.2009 – 13 Ta 420/09). Eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV kann gegenüber der Staatskasse nicht geltend gemacht werden, da diese dort zugrunde liegende Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht von der Beiordnung nach § 121 Abs. 4 ZPO umfasst ist. Ein anderes Ergebnis widerspräche zum Einen dem zugrunde liegenden Beiordnungsbeschluss, der seine Grundlage in § 121 Abs. 4 ZPO findet, als auch der damit verbundenen Gebührenregelung in Nr. 3400 VV.
Mitgeteilt von Reg.-Dir. a.D. Heinrich Hellstab, Berlin
3 Anmerkung
Soweit das LAG der Auffassung sein sollte, dass ein Verkehrsanwalt eine Einigungsgebühr nicht verdienen kann, ist dies unzutreffend. Auch durch die Führung des Verkehrs zwischen Partei und Rechtsanwalt kann der Verkehrsanwalt an einer Einigung mitwirken, zumal es auch bei einem reinen Verkehrsanwaltsvertrag zu den Nebenpflichten des Anwalts gehört, die Partei rechtlich zu beraten. Andernfalls wäre es ohnehin nicht möglich, ordnungsgemäß den Verkehr mit dem Prozessbevollmächtigten zu führen. Der Verkehrsanwalt ist nicht bloßer Bote für die Übermittlung von Tatsachen, sondern schuldet wie jeder andere Anwalt auch die rechtliche Beratung des Mandanten, auch wenn die Mandatsführung federführend in den Händen des Prozessbevollmächtigten liegt.
Die Einigungsgebühr ist eine Allgemeine Gebühr nach Teil 1 VV, die neben den Gebühren der anderen Teile anfallen kann. Dass die Einigungsgebühr bei einem Verkehrsanwalt tatbestandlich ausgeschlossen sein soll, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.
Zählt aber eine Einigungsgebühr mit zur Vergütung eines Verkehrsanwalts, dann muss die Landeskasse diese Gebühr auch übernehmen, wenn die Einigung durch Mitwirkung des Verkehrsanwalts anfällt. Dies ist gem. § 45 RVG auch von dem Beiordnungsbeschluss erfasst. Dieser beschränkt sich nicht auf die Verkehrsanwaltsgebühr, sondern auf die Tätigkeit als Verkehrsanwalt.
Auch die Einigungsgebühr (Nrn. 1000, 1003 VV) kann dem Verkehrsanwalt aus der Staatskasse zustehen. Einer besonderen Beiordnung bedarf es hier nicht; es genügt, wenn die Tätigkeit des Verkehrsanwalts mitursächlich war. Die gegenteilige Auffassung, ein nach § 121 Abs. 4 ZPO beigeordneter Rechtsanwalt könne grundsätzlich nur die Verfahrensgebühr nach Nr. 3400 VV beanspruchen, eine weitergehende Täti...