Die zulässige sofortige Beschwerde hat einen teilweisen Erfolg. Zu Recht hat das LG die Erhöhungsgebühr als entstanden und erstattungsfähig angesehen. Übersehen hat es, dass die Voraussetzungen des § 15a RVG mit dem Erbfall in der Person der Klägerin vorliegen und eine Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr rechtfertigen.

1. Vertritt der Rechtsanwalt gerichtlich in derselben Angelegenheit mehrere Personen, so erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV für jede weitere Person um eine 0,3-Gebühr nach Nr. 1008 VV. Die Erhöhungsgebühr fällt damit im gleichen Zeitpunkt an wie die Verfahrensgebühr. Nach Vorbem. 3 Abs. 2 VV fällt die Verfahrensgebühr für das gesamte Betreiben des Geschäftes einschließlich der Information an und damit spätestens mit der Entgegenahme der Klageschrift nebst Prozesskostenhilfeantrag und der hierauf bezogenen Informationsbeschaffung. Aus den Darlegungen des Bevollmächtigten der Beklagten, die anwaltlich versichert sind (§ 104 Abs. 2 S. 1 ZPO), ergibt sich, dass dieser einen unbedingten Auftrag zur Rechtsverteidigung hatte, der nicht auf die Vertretung im Prozesskostenhilfeverfahren beschränkt war. Deshalb ist die Verfahrensgebühr mit der Erhöhungsgebühr am 29.1.2013 und damit vor dem Erbfall entstanden. Wegen des generalisierenden und typisierenden Charakters der Gebühr kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich ein Mehraufwand entstanden ist (Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., 2015, VV 1008 Rn 41). Ebenso bleibt unerheblich, dass der Beklagte zu 2) vorzeitig aus dem Verfahren ausgeschieden ist (BGH MDR 1994, 414; Gerold/Schmidt, a.a.O., Rn 51; Beck-OK/Seltmann, § 7 RVG Rn 1).

Die so entstandene Erhöhungsgebühr ist auch erstattungsfähig. Die Beklagten waren nicht gehalten, den Auftrag auf eine Vertretung im PKH-Verfahren zu beschränken. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – eine unbedingte Klage erhoben wird, die Klage mithin anhängig, wenn auch mangels Zustellung noch nicht rechtshängig ist. Es ist dann zweckmäßig und erforderlich, die Rechtsverteidigung auf das Klageverfahren auszurichten.

Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, die Beklagte habe die Erhöhungsgebühr gar nicht zu tragen. Auch nach Maßgabe des § 7 Abs. 2 RVG schuldet die Beklagte ihrem Bevollmächtigten die Erhöhungsgebühr. Mehrere Auftraggeber sind insoweit Gesamtschuldner (Gerold-Schmidt, RVG, 22. Aufl., 2015, § 1 Rn 113; AnwK-RVG/Volpert/Schneider, 7. Aufl., § 1 Rn 14). Der Innenausgleich zwischen der Beklagten und der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Erblassers ist nicht Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens.

2. Ein Dritter kann sich nach § 15a RVG auf die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden. Der erste der drei Ausnahmetatbestände ist verwirklicht.

Das LG sieht zutreffend, dass die Klägerin aus dem Blickwinkel des Mandatsverhältnisses Dritte ist. Aufgrund des offensichtlichen Interessenkonfliktes ist das Mandatsverhältnis des Erblassers trotz ihrer Alleinerbenstellung (§ 1922 BGB) nicht fortgesetzt worden. Das macht auch keine der Parteien geltend. Auch wurde die Geschäftsgebühr im Hauptsacheverfahren nicht tituliert, noch wird sie im selben Verfahren geltend gemacht. Im weiteren lässt das LG den Erbfall und die Erbenstellung der Klägerin aber völlig außer Betracht.

Das LG übersieht, dass durch den Erbfall und die unstreitige Alleinerbenstellung der Klägerin nach dem Beklagten zu 2) die ebenso unstreitige Zahlung des Beklagten zu 2) im Jahre 2009 auf die vorgerichtliche Geschäftsgebühr als Leistung der Klägerin zu behandeln ist. Als Alleinerbin tritt sie nach § 1922 BGB vollumfänglich in die Stellung des Erblassers ein. Das ist auch sachgerecht. Die Zahlung des Erblassers hat den Nachlass in dieser Höhe geschmälert. Ohne die Zahlung des Erblassers an seinen Bevollmächtigten wäre er Betrag im Nachlass verblieben und damit der Klägerin zugeflossen. Sie ist deshalb so zu behandeln, als habe sie die Leistung selbst erbracht (§ 1922 BGB). Diese Sicht steht im Einklang mit Sinn und Zweck des § 15a RVG, dem Rechtsanwalt nicht mehr zufließen zu lassen, als ihm am Ende tatsächlich zusteht. Da er hinsichtlich der Geschäftsgebühr bereits befriedigt ist, hat er nur noch die Verfahrensgebühr nebst Erhöhungsgebühr zu beanspruchen.

3. Danach ergibt sich für die Kostenfestsetzung folgende Berechnung:

 
Praxis-Beispiel

Gegenstandswert: 124.314,00 EUR

 
1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV 1.860,30 EUR
abzüglich der hälftigen Geschäftsgebühr 1.073,25 EUR
nach Nr. 2300 VV  
zuzüglich 0,3-Erhöhungsgebühr 429,30 EUR
nach Nr. 1008 VV  

Gegenstandswert: 90.714,89 EUR

 
1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV 1.532,40 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Gesamt netto 2.768,75 EUR
Zuzüglich 19 % Umsatzsteuer 526,06 EUR
nach Nr. 7008 VV  
Festzusetzender B...

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