I. Der BGH hat mit dem grundlegenden Beschl. v. 17.12.2002 – X ZB 9/02 [= AGS 2003, 219] entschieden, dass die (damals nach BRAGO gegebene) 13/20 Gebühr für den vor Ablauf der Begründungsfrist für das nur zur Fristwahrung eingelegte und später zurückgenommene Rechtsmittel beauftragten Prozessbevollmächtigten des Rechtsmittelgegners nach § 91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig ist. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass diese Gebühr seinerzeit nicht die volle Prozessgebühr war, die bei Stellung eines Sachantrags anfiel.
Der BGH hat dazu folgendes Grundsätzliche ausgeführt: Gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO gehören zu den erstattungsfähigen Kosten die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei. Daraus folgt, dass eine Partei im Prozess einen Rechtsanwalt zur Hilfe nehmen darf und die dadurch entstandenen Kosten auch erstattungsfähig sind. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes für die Fälle, in denen ein Rechtsmittel nur vorsorglich eingelegt wird, ist im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen (BGH a.a.O. Rn 11). Eine derartige Einschränkung lässt sich auch aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht entnehmen. Maßgebend ist dabei nicht, ob die Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten im konkreten Fall objektiv nützlich oder gar notwendig war, sondern ob eine verständige Partei in der gleichen Situation ebenfalls einen Anwalt beauftragen würde. Dieses – so der BGH weiter (Rn 12) – kann im Regelfall, solange die Berufung nicht wieder zurückgenommen ist, nicht verneint werden. Denn die mit einem Rechtsmittel überzogene Partei kann regelmäßig nicht selbst beurteilen, was zur Rechtsverteidigung sachgerecht zu veranlassen ist. Ihr kann daher nicht zugemutet werden, zunächst die weiteren Entschließungen des anwaltlich vertretenen Berufungsklägers abzuwarten.
Ob in der aktuellen Situation tatsächlich etwas zu veranlassen ist, kann in diesem Zusammenhang nicht allein den Ausschlag geben. Die Beauftragung eines Anwalts braucht auch nicht erforderlich zu sein, damit Vorbereitungen für eine Berufungserwiderung rechtzeitig getroffen werden können und damit der Fristendruck vermieden wird (BGH a.a.O. Rn 13). Vielmehr muss genügen, dass der Rechtsmittelgegner anwaltlichen Rat in einer als risikobehaftet empfundenen Situation für erforderlich halten darf. Daher kann ihm im Normalfall auch nicht zugemutet werden, mit der Bestellung eines Anwalts so lange zu warten, bis der Berufungskläger einen Antrag auf Verlängerung der Frist zur Begründung des Rechtsmittels gestellt hat (BGH a.a.O. Rn 13).
Diese Rspr. des BGH gilt bis heute (vgl. BGH v. 3.6.2003 – VIII ZB 19/03; 28.2.2013 – V ZB 132/12 [= AGS 2013, 251]; v. 23.10.2013 – V ZB 143/12 [= AGS 2014, 94]).
II. Auch das BAG folgt dieser Rspr. des BGH (vgl. Beschl. v. 16.7.2003 – 2 AZB 50/02 u. v. 14.11.2007 – 3 AZB 36/07).
III. Soweit in diesen Entscheidungen ausgeführt wird, davon sei zu unterscheiden die Frage, "welche Maßnahmen" der bestellte Rechtsanwalt zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung für erforderlich halten dürfe, betrifft dieses die Frage, ob die erst bei Stellung eines Sachantrages nach Nrn. 3200, 3201 VV anfallende volle Verfahrensgebühr dann auch in dieser Höhe erstattungsfähig ist, wenn der Antrag gestellt wird, bevor feststeht, dass das Rechtsmittel tatsächlich durchgeführt wird (vgl. z.B. BGH v. 3.7.2007 – VI ZB 21/06, Rn 6 m.w.N. [= AGS 2007, 537]; BGH v. 23.10.2013 – V ZB 143/12 [= AGS 2014, 94]).
Diese weitere Frage ist im vorliegenden Fall allerdings nicht erheblich – worauf das ArbG bereits zu Recht hingewiesen hat. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten verlangt nur die 1,1-Gebühr nach Nr. 3201 VV.
IV. Diese letztere Gebühr entsteht bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags. Eine solche liegt nach Nr. 3201 VV vor, wenn der Auftrag endet, bevor der Rechtsanwalt das Rechtsmittel eingelegt oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Rechtsmittels enthält, einreicht oder bevor er einen gerichtlichen Termin wahrgenommen hat.
Grundsätzlich entsteht die Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV, auf die Nr. 3201 VV verweist, indes, wenn der Rechtsanwalt in irgendeiner Weise über Neben- und Abwicklungstätigkeiten aus dem erstinstanzlichen Auftrag hinaus im Rahmen der Erfüllung seines Prozessauftrags tätig geworden ist. Eines nach außen erkennbaren Tätigwerdens bedarf es dabei nicht (BGH v. 25.10.2012 – IX ZB 62/10 [= AGS 2013, 7]). Es genügt das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information des Mandanten. Der Rechtsanwalt hat die Gebühr verdient, wenn er Informationen entgegen nimmt oder mit seinem Mandanten bespricht, wie er auf das von der Gegenseite eingelegte Rechtsmittel reagieren soll. Auch die interne Prüfung, ob ein Mandant sich gegen das eingelegte Rechtsmittel wehren soll, lässt die Verfahrensgebühr entstehen (BGH a.a.O. m.w.N.).
Um reine Abwicklungstätigkeiten gem. § 19 Abs. 1 S. 1 RVG handelt es sich im vorliegenden Fall nicht. Solche sind z.B. die Empfangnahme von Rechtsmittelschriften un...