I.

Erfüllt der Schuldner seine Verpflichtung zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung nicht, kann der Gläubiger gem. § 888 Abs. 1 ZPO beim Prozessgericht des ersten Rechtszuges Antrag auf Verhängung von Zwangsmitteln (Zwangsgeld oder Zwangshaft) stellen. Die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss erfolgt ebenfalls nur auf Antrag des Gläubigers. Zwangsgeld wird wie eine normale Geldforderung vollstreckt, jedoch erhält das Zwangsgeld die Staatskasse, nicht der Gläubiger. Die Vollstreckung der Zwangshaft erfolgt gem. §§ 904 bis 913 ZPO.

II.

Gem. § 18 Abs. 1 Nr. 13 RVG bildet das Verfahren zur Ausführung der Zwangsvollstreckung auf Vornahme einer Handlung durch Zwangsmittel (§ 888 ZPO) für den Rechtsanwalt eine besondere Angelegenheit. Damit ist zunächst klargestellt, dass die Tätigkeit in dem Verfahren nach § 888 ZPO für den im vorhergehenden Erkenntnisverfahren tätigen Rechtsanwalt nicht mit den dort verdienten Gebühren nach Nrn. 3100 ff. VV abgegolten ist und der Rechtsanwalt insoweit eine 0,3-Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV und eine Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV verdient, vgl. auch § 19 RVG.

Der BGH hatte sich in dem Rechtsbeschwerdeverfahren mit der Frage zu beschäftigen, ob mehrere von dem Rechtsanwalt betriebene erstinstanzliche Zwangsvollstreckungsverfahren über Anträge auf Festsetzung eines Zwangsgelds gem. § 888 ZPO desselben Gläubigers gegen denselben Schuldner mehrere gebührenrechtliche Angelegenheiten bilden mit der Folge, dass die 0,3-Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV mehrfach entsteht. Der Rechtsanwalt hatte bereits für die drei Zwangsgeldfestsetzungen vom 27.01.2015, 15.7.2016 und 27.10.2016 jeweils eine Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV festgesetzt erhalten. Die Festsetzung einer weiteren Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV für die weitere Zwangsgeldfestsetzung vom 14.3.2017 hat der BGH aufgehoben.

Der Anwalt erhält die besondere Gebühr nach Nr. 3309 VV i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 13 für das Betreiben des gesamten Verfahrens, von der Androhung, einen Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln zu stellen, über den Antrag selbst bis zur Vollstreckung einschließlich.[1] Nimmt der Schuldner auch nach Vollstreckung eines ersten Zwangsmittels die Handlung nicht vor, kann zwar erneut ein Zwangsmittel festgesetzt werden. Der BGH hat mit der wohl h.A. zutr. entschieden, dass diese weiteren Zwangsmittelverfahren mit dem ersten Verfahren eine einzige Angelegenheit darstellen, weil das Verfahren erst mit der Vornahme der Handlung durch den Schuldner beendet ist.[2] Außerdem wird im Wortlaut von § 18 Abs. 1 Nr. 13 RVG anders als in dem von § 18 Abs. 1 Nr. 14 RVG auf das Verfahren gem. § 888 ZPO an sich, nicht aber auf die jeweilige Zwangsmittelfestsetzung gem. § 888 ZPO abgestellt.

III.

In dem der Entscheidung des BGH zugrunde liegenden Fall hatte der Schuldner gegen alle vier Festsetzungen von Zwangsgeldern gem. § 888 ZPO erfolglos Beschwerde eingelegt. Für die vier Beschwerdeverfahren wurden unter Annahme von vier gebührenrechtlichen Angelegenheiten vier 0,5-Verfahrensgebühren nach Nr. 3500 VV für den Gläubiger gegen den Schuldner festgesetzt.

Mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde konnte der BGH diese Frage nicht entscheiden.

Allerdings gilt insoweit Folgendes:

Gem. § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG ist in Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 VV richten, jedes Beschwerdeverfahren eine besondere Angelegenheit.

Nr. 3500 VV (Verfahrensgebühr) und ggfs. Nr. 3513 VV (Terminsgebühr) sind bei Beschwerden in Vollstreckungssachen (Nrn. 3309 ff. VV, § 793 ZPO) anwendbar.

Das bedeutet, dass der Anwalt die Gebühren für das Beschwerdeverfahren nicht nur neben den Gebühren des Ausgangsverfahrens, also als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigter neben der Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV) erhält[3], sondern auch, dass er bei mehreren Beschwerden die Gebühren der Nrn. 3500 ff. VV mehrmals erhält. Die Einschränkung nach § 16 Nr. 10 RVG gilt nicht für alle Beschwerdeverfahren, sondern nur für Beschwerden in der Kostenfestsetzung (§§ 103 ff. ZPO) und gegen den Kostenansatz (z.B. § 66 GKG).

Der Anwalt erhält daher insbesondere dann die Gebühren mehrmals (hier vierfach), wenn innerhalb desselben Zwangsgeldfestsetzungsverfahrens mehrere Beschwerden gegen verschiedene Entscheidungen (hier vier) eingelegt werden.[4]

Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert, Willich

AGS, S. 378 - 382

[1] Vgl. OLG Naumburg AGS 2015, 523; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.10.2015 – 14 W 85/15.
[2] So auch LG Mannheim AGS 2008, 72 = Rpfleger 2008, 160; AnwK-RVG/Mock/N. Schneider/Volpert, 8. Aufl., § 18 Rn 144; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 24. Aufl., 2019, VV 3309 Rn 290; Hk-ZV/Bendtsen, § 888 Rn 45; Hansens/Braun/Schneider/Volpert, Teil 18 Rn 164.
[4] OVG NRW, Beschl. v. 5.3.2015 – 8 E 124/15.

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