Von dem Verfahren nach § 537 ZPO wird in der Praxis viel zu selten Gebrauch gemacht.
Zweckmäßig ist ein solcher Antrag auf Vollstreckbarerklärung nach § 537 ZPO, wenn der Gläubiger schon vor Eintritt der Rechtskraft vollstrecken will. Ohne die unbedingte Vollstreckbarerklärung nach § 537 ZPO müsste der Gläubiger anderenfalls auch zur Vollstreckung aus einem nicht angefochtenen Teil des Urteils eine vom Gericht nach § 709 ZPO angeordnete Sicherheit leisten oder er könnte durch eine vom Schuldner gestellte Sicherheitsleistung an der Vollstreckung gehindert werden (§§ 711, 708 Nr. 4 bis 11, 712 ZPO). Der Suspensiveffekt eines Rechtsmittels erstreckt sich nämlich nicht nur auf den angefochtenen Teil, sondern auf das gesamte vorinstanzliche Urteil, auch soweit es nicht angefochten wird. Dies hat letztlich seinen Grund darin, dass auch nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist das Rechtsmittel erweitert werden kann und der Gegner die Möglichkeit hat, Anschlussrechtsmittel einzulegen.
Zwar zählt das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung der durch Rechtsmittelanträge nicht angefochtenen Teile eines Urteils (§§ 537, 558 ZPO) grds. nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG zum gebührenrechtlichen Rechtszug ("Vollstreckbarerklärung eines Urteils auf besonderen Antrag"); Voraussetzung dafür ist aber, dass der Gegenstand, hinsichtlich dessen die vorläufige Vollstreckbarkeit beantragt wird, Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist oder war. Ist der nicht angegriffene Teil des Urteils dagegen – wie hier – niemals Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens gewesen, ist § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 RVG nicht anwendbar. Die Tätigkeit des Anwalts wird vielmehr als gesonderte Angelegenheit nach den Nrn. 3329, 3332 VV vergütet. Der Anwalt erhält im isolierten Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 3329 VV und ggfs. eine 0,5-Terminsgebühr nach Nr. 3332 VV.
Beispiel
Das LG hat den Beklagten zur Zahlung eines Betrages i.H.v. 40.000,00 EUR verurteilt und die vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des beizutreibenden Betrags angeordnet. Der Beklagte legt Berufung ein und beantragt jetzt nur noch, die Klage i.H.v. 30.000,00 EUR abzuweisen. Da der Kläger mangels Rechtskraft wegen der nicht angefochtenen 10.000,00 EUR nur gegen Sicherheitsleistung vollstrecken kann, beantragt er gem. § 537 ZPO, das landgerichtliche Urteil i.H.v. 10.000,00 EUR für vollstreckbar zu erklären. Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist ergeht der beantragte Beschluss ohne mündliche Verhandlung. Anschließend wird in der Hauptsache verhandelt und entschieden.
Der Anwalt erhalt für das Berufungsverfahren folgende Vergütung:
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
1.380,80 EUR |
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(Wert: 30.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
1.035,60 EUR |
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(Wert: 30.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
2.436,40 EUR |
4. |
16 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
389,82 EUR |
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Gesamt |
2.826,22 EUR |
Für das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung entsteht folgende weitere Vergütung:
1. |
0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3329 VV |
75,00 EUR |
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(Wert: 2.000,00 EUR (1/5 aus 10.000,00 EUR)) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
15,00 EUR |
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Zwischensumme |
90,00 EUR |
3. |
16 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
14,40 EUR |
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Gesamt |
104,40 EUR |
Rechtsanwalt Norbert Schneider
AGS, S. 397 - 399