Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung von 359,50 EUR gegen die Beklagte. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 86 VVG i.V.m. § 17 Abs. 8 ARB 1994/2000 (bzw. § 20 Abs. 2 ARB 75).

Die Beklagte hat einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Kosten ihres damaligen Prozessgegners in Höhe von 359,50 EUR gegen die Klägerin, mit dem sie wirksam aufgerechnet hat, §§ 257, 389 BGB i.V.m. §§ 1, 5 Abs. 1h) ARB 2000 i.V.m. dem Rechtsschutzversicherungsvertrag.

Nach § 1 ARB 2000 sorgt der Versicherer dafür, dass der Versicherungsnehmer seine rechtlichen Interessen wahrnehmen kann und trägt die zur Interessenwahrnehmung erforderlichen Kosten. Nach § 5 Abs. 1h) ARB 2000 trägt der Versicherer die dem Gegner durch die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen entstandenen Kosten, soweit der Versicherungsnehmer zu deren Erstattung verpflichtet ist.

Nach ständiger Rspr. des BGH sind Versicherungsbedingungen – so auch die ARB – so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer diese bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss, wobei auch auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen abzustellen ist. Beim Wortlaut, von dem der durchschnittliche Versicherungsnehmer bei der Auslegung einer Klausel zunächst und primär ausgeht, ist an sich vom Sprachgebrauch des täglichen Lebens auszugehen und es sind die Verständnismöglichkeiten des Durchschnittsmenschen zugrunde zu legen, auch wenn es sich um Begriffe handelt, die in der Fachsprache möglicherweise eine vom täglichen Sprachgebrauch abweichende Bedeutung haben können. Neben dem Wortlaut und dem erkennbaren Sinnzusammenhang ist bei der Auslegung auch der mit der Klausel erkennbar verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Die einzelnen Klauseln sind dabei eng und nicht weiter auszulegen, als ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht (vgl. BGH r + s 2011, 334, 335; Bauer, in: Walter Harbauer, Rechtsschutzversicherung, ARB-Kommentar, 8. Aufl. 2010, Vorbem. § 1 ARB 2000 Rn 5). Etwaige Unklarheiten gehen zulasten des Versicherers.

Ausgehend vom Wortlaut des § 5 Abs. 1h) ARB 2000 trägt der Versicherer die dem Gegner durch die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen entstandenen Kosten, soweit der Versicherungsnehmer zu deren Erstattung verpflichtet ist. Eine Unterscheidung zwischen außergerichtlichen und gerichtlichen Kosten des Gegners oder eine Unterscheidung zwischen materiell-rechtlichen und prozessualen Kostenerstattungsansprüchen ist im Wortlaut der Klausel nicht angelegt. Dem klaren und unmissverständlichen Wortlaut der Klausel nach hat die Versicherung zunächst alle dem Gegner zu erstattenden Kosten zu tragen. Eine Zweckbestimmung ist in der Klausel selbst nicht angelegt.

Im Anschluss an eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1985 (BGH NJW 1985, 1466 ff.) wird die Auffassung vertreten, in den vom Rechtsschutzversicherer übernommenen Risikobereich fielen nur solche Kosten, die "für" die Interessenwahrnehmung des Versicherungsnehmers, also als deren kostenrechtliche Folge, entstehen. Rechtskosten, deren Erstattung der Versicherungsnehmer bereits aus materiell-rechtlichen Gründen schulde, z.B. – wie vorliegend – wegen Schuldnerverzuges (§§ 280 Abs. 2, 286, BGB) und die daher selbst Gegenstand der Interessenwahrnehmung seien, verblieben im Risikobereich des Versicherungsnehmers. Bei diesen nicht unter die Kostenpflicht des Rechtsschutzversicherers fallenden Kosten handele es sich in aller Regel um solche, die bereits vor Beginn der Rechtsverteidigung des Versicherungsnehmers als Folge pflichtwidrigen Verhaltens des Versicherungsnehmers entstanden seien. Dies gelte auch für den Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltsgebühren der Gegenseite, soweit diese der Gegenseite gerichtlich zugesprochen worden seien (vgl. Harbauer, Rechtsschutzversicherung, ARB-Kommentar, 8. Aufl. 2010, Vorbem. § 1 ARB 2000 Rn 39). Nicht rechtsschutzversicherte Kosten seien danach Verpflichtungen auf Aufwendungserstattungen an einen Gegner, wenn und soweit sie sich als Folge eines Schuldnerverzuges oder aus unerlaubter Handlung – d.h. aus dem materiellen Recht – ergeben, da diese Erstattungspflicht ist Folge einer im Risikobereich des Versicherungsnehmers verbleibenden, in der Regel bereits vor Beginn seiner unter die Versicherungsdeckung fallenden Interessenwahrnehmung entstandenen materiell-rechtlichen Schadenersatzpflicht (vgl. Harbauer, Rechtsschutzversicherung, ARB-Kommentar, 8. Aufl. 2010, ARB 2000 § 5 Rn 150; Prölls/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, ARB 2008 II § 5 Rn 41). Eine Freistellungspflicht des Rechtsschutzversiche...

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