I. Einleitung
Prozessfinanzierung ist die Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten Dritter gegen reine Erfolgsbeteiligung. Sie ist ein eigenes Rechtsinstitut und eine Dienstleistung sui generis mit Elementen sowohl des Versicherungs- als auch des Kreditvertrags. Die heute h.M. versteht den Finanzierungsvertrag zwischen Prozessfinanzierer und Mandant als Gesellschaftsvertrag in Form einer stillen Innengesellschaft. Zweck der BGB-Gesellschaft ist die bestmögliche Durchsetzung eines bestimmten Rechtsanspruchs sowie die anschließende Verteilung eines Erlöses.
Die Prozessfinanzierung ist ein Beratungsplus für jeden Rechtsanwalt, da er seinen Mandanten neben der rechtlichen Einschätzung auch eine seriöse finanzielle Lösung für die Umsetzung seines Rechtsrats darlegen kann. Nicht zuletzt liegt es im wohlverstandenen Eigeninteresse des Rechtsanwalts, mittels einer Prozessfinanzierung honorarauslösende Tätigkeiten entfalten zu können.
Die drei größten Finanzierer sind die FORIS AG (Bonn), Legial AG (München) und ROLAND ProzessFinanz AG (Köln). Weitere Anbieter können unschwer unter dem Stichwort "Prozessfinanzierung" über die gängigen Suchmaschinen gefunden werden.
II. Die Finanzierungsvoraussetzungen
Der zu finanzierende Anspruch sollte mindestens 100.000,00 EUR betragen (kleinere Anbieter steigen auch bei geringeren Beträgen ein). Der Anspruch muss auf eine teilbare Leistung – in der Regel Geld – gerichtet sein. Dies trifft überwiegend auch auf Immobilien zu, die zwecks Teilung beliehen oder veräußert werden können.
Entscheidend ist, ob für die gerichtliche Durchsetzung überwiegende Erfolgsaussichten in der Sache bestehen. Der Anwalt muss sich fragen, ob er seinem Mandanten eine Klage aus objektiven Gründen auch ohne Prozessfinanzierung anraten würde. Eine Obsiegenswahrscheinlichkeit von rund 75 Prozent (plus/minus 10 Prozent) mag diesbezüglich einen allgemeinen Anhalt bieten. Es geht also nicht darum, einen besonders risikoreichen Prozess vom Mandanten auf den Prozessfinanzierer zu verlagern. Dies wird regelmäßig bereits an dessen Eingangsprüfung scheitern.
Voraussetzung ist selbstverständlich auch eine ausreichende Bonität des Anspruchsgegners, so dass der Anspruch grundsätzlich vom Schuldner erfüllt werden könnte.
III. Die Vorteile für den Mandanten
Dem Mandanten entstehen lediglich die Kosten der Vorprüfung durch den Anwalt, da Prozessfinanzierer auf Basis einer reinen Erfolgsbeteiligung arbeiten. Die Prüfung des Finanzierers ist kostenlos. Eine größere Liquiditätsbelastung des Mandanten entfällt durch die umfassende Vorfinanzierung nach Vertragsschluss (Rechtsanwaltsgebühren, Gerichtskosten, gerichtliche Sachverständige etc.).
Bei Prozessverlust besteht kein Kostenrisiko, da dieses i.d.R. zur Gänze durch den Prozessfinanzierer getragen wird. Bei Unternehmen als Anspruchsinhaber sind daher auch keine bilanziellen Drohrückstellungen zu bilden und gegebenenfalls keine oder zumindest geringere bilanzielle Wertberichtigungen für prozessfinanzierte Forderungen nötig.
Übernommene Kosten bei einer Prozessfinanzierung
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eigener Anwalt, |
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gegnerischer Anwalt, |
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Gerichtskosten, |
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Zeugen, Sachverständige und Gutachter und |
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Vollstreckungskosten. |
Nicht zu unterschätzen ist die finanzielle Waffengleichheit mit dem Gegner aufgrund der Prozessfinanzierung. Nicht selten hilft schon die Offenlegung der Finanzierung vor Prozessbeginn, den Schuldner von einer vernünftigen, vergleichsweisen Lösung zu überzeugen.
Weitere Vorteile sind neben der Bonitätsprüfung des Gegners die Bereitstellung von Vollstreckungssicherheiten sowie Prozesskautionen für EU-Ausländer.
Alle Vorteile auf einen Blick
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kostenlose Prüfung der Finanzierungsanfrage, |
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keine Kosten für Dienstleistung, da reine Erfolgsbeteiligung, |
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kein Kostenrisiko bei Verlust, |
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finanzielle Waffengleichheit mit dem Gegner, |
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Bonitätsprüfung des Gegners, |
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keine Liquiditätsbelastung durch komplette Vorfinanzierung nach Vertragsschluss, |
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keine bilanziellen Drohrückstellungen nötig, |
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gegebenenfalls keine oder geringere bilanzielle Wertberichtigungen nötig, |
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Bereitstellung von Vollstreckungssicherheiten, |
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Bereitstellung von Prozesskautionen für EU-Ausländer, |
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auf Wunsch Gutachtervermittlung. |
IV. Die Stellung des Anwalts
Der Anwalt ist und bleibt seinem Mandanten aus dem Anwaltsvertrag verpflichtet. Zwischen ihm und dem Finanzierer werden keine direkten Vertragsbeziehungen begründet. Jedoch beauftragt der Mandant den Anwalt, selbigen umfassend und zeitnah über alle anspruchsrelevanten Vorgänge zu informieren. Der Anwalt nimmt für seinen Mandanten also regelmäßig wichtige Pflichten aus dem Finanzierungsvertrag wahr, unter anderem die Abstimmung über die prozessuale Vorgehensweise. Für diese Tätigkeit muss der Mandant den Anwalt vom Anwaltsgeheimnis entbinden, was üblicherweise konkludent mit dem Auftrag, einen Finanzierer zu kontaktieren und über den Anspruch zu informieren, geschieht.
Der Anwalt ist daher erste Kontaktperson und Mittler für seinen Mandanten. Während der Finanzierung findet ein regelmäßiger Austausch im Team Anwalt/Mandant/Prozessfinanzierer statt. Das Verfahren wird vom Finanzierer dur...