Leitsatz
Der Kostenschuldner kann sich im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 164 VwGO auf die Verjährung des anwaltlichen Vergütungsanspruchs nur dann berufen, wenn der Kostengläubiger gegenüber seinem Rechtsanwalt die Einrede der Verjährung erhoben hat.
OVG Bautzen, Beschl. v. 8.2.2012 - 5 E 56/10
1 Sachverhalt
Mit Bescheid vom 15.9.2003 zog die Beklagte den Kläger im Wege der Haftung für Gewerbesteuerrückstände einer GmbH heran, deren alleiniger Geschäftsführer er war. Der gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch wurde zurückgewiesen.
Das VG hob den Bescheid der Beklagten mit Urt. v. 20.7.2009 auf, legte der Beklagten die Kosten des Verfahrens auf und stellte die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren fest. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die von der Beklagten an den Kläger im Vorverfahren sowie im erstinstanzlichen Verfahren zu erstattenden Kosten auf insgesamt 4.573,43 EUR fest. Auf das Vorverfahren entfiel ein von der Beklagten an den Kläger zu erstattender Betrag in Höhe von 1.195,61 EUR.
Die von der Beklagten mit der Begründung eingelegte Kostenerinnerung, dass die Gebührenforderung der Prozessbevollmächtigten des Klägers für die Durchführung des Widerspruchsverfahrens verjährt sei und eine Festsetzung der außergerichtlichen Kosten insoweit nicht hätte erfolgen dürfen, wies das VG zurück. Auch die Beschwerde der Beklagten blieb erfolglos.
2 Aus den Gründen
Die Beklagte kann nicht mit ihrem Einwand gehört werden, der Kläger hätte gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten die Einrede der Verjährung des hier streitgegenständlichen anwaltlichen Vergütungsanspruchs erheben müssen.
Im Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 164, 173 i.V.m. §§ 103 ff. ZPO) ist die Einrede der Verjährung gegen den prozessualen Kostenerstattungsanspruch grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. In diesem auf Praktikabilität und Effektivität angelegten Verfahren entscheidet der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle lediglich über die Höhe der gem. der Kostengrundentscheidung von dem unterlegenen Beteiligten zu erstattenden Kosten (VGH München NVwZ-RR 2004, 227). Im Verfahren nach § 164 VwGO hat der Urkundsbeamte nur die Voraussetzungen des § 152 Abs. 1 VwGO bzw. – wie hier – die Voraussetzungen des § 162 Abs. 2 S. 1 und § 162 Abs. 2 VwGO dahin zu prüfen, ob die geltend gemachten Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren bzw. das VG bei der Geltendmachung von Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren die Zuziehung eines Bevollmächtigten für dieses Verfahren für notwendig erklärt hat. Die ausschließlich an den vorgenannten Vorschriften orientierte Prüfung im Kostenfestsetzungsverfahren erstreckt sich damit grundsätzlich nicht auf das Verhältnis des Kostengläubigers zu seinem Rechtsanwalt und lässt die sich aus dem Anwaltsvertrag ergebenden Rechte und Pflichten unberührt. Die Verjährung des Vergütungsanspruchs kann im Kostenfestsetzungsverfahren allenfalls dann zu berücksichtigen sein, wenn der Erstattungsgläubiger gegenüber seinem eigenen Anwalt die Verjährungseinrede erhoben hat, so dass ihm ein erstattungsfähiger Aufwand nicht erwachsen ist (VGH München NVwZ-RR 2004, 227).
Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Kläger zur Einrede gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten nach § 254 Abs. 2 S. 1BGB verpflichtet gewesen sei. Nach dieser Vorschrift hängt eine Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes auch davon ab, ob der Beschädigte es unterlassen hat, den Schaden zu mindern. Diese Vorschrift ist bereits deshalb auf den Kostenerstattungsanspruch nicht anzuwenden, weil es sich insoweit nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt.
Ungeachtet dessen kann der Umstand, dass ein Prozessbevollmächtigter seine Vergütungsansprüche gegenüber seinem Mandanten erst nach rechtskräftigem Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens geltend macht, diverse billigenswerte Gründe haben. Gibt es eine solche Vereinbarung zwischen dem Prozessbevollmächtigten und seinem Mandanten, wäre es treuwidrig, die spätere Honorarnote mit der Verjährungseinrede zu bekämpfen.