Zu Unrecht hat das LG den Wert des auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten gerichteten Klageantrags bei der Streitwertberechnung berücksichtigt (§ 43 Abs. 1 GKG).

a) Grundsätzlich ist zwar der Wert der beiden kumulativ gestellten Anträge nach § 39 Abs. 1 Hs. 1 GKG zusammenzurechnen.

b) Etwas anderes ergibt sich indessen aus § 43 Abs. 1 GKG, wonach Kosten, die als Nebenforderungen geltend gemacht werden, nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen sind. So liegt es hier.

aa) Unter Nebenforderungen i.S.d. § 43 Abs. 1 GKG fallen die zur Feststellung, Sicherung, Durchsetzung oder Abwehr des Anspruchs erbrachten Vermögensopfer, soweit sie in der Entstehung vom Bestand einer Hauptforderung rechtlich abhängen und mit dieser gemeinsam von derselben Partei gegen denselben Schuldner im selben Prozess geltend gemacht werden (MüKo-ZPO/Wöstmann, 3. Aufl., § 4 Rn 2 und 26; Putzo/Hüßtege, ZPO, 33. Aufl., § 4 Rn 8). Ob ein miteingeklagter Anspruch Nebenforderung ist, kann nur aus seinem Verhältnis zu dem als Hauptforderung in Betracht kommenden Anspruch heraus beurteilt werden. Zur Hauptforderung muss die Nebenforderung in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen, sie muss von ihr sachlich-rechtlich abhängen. Sind die Forderungen dagegen nach materiellem Recht – auch im Hinblick auf ihre Entstehung – gleichrangig, so ist keine von ihnen Nebenforderung. Dabei kommt es auf dasjenige materielle Recht an, das für den jeweiligen Streitgegenstand maßgeblich ist (BGH, Beschl. v. 13.2.2007 – VI ZB 39/06 [= AGS 2007, 320]).

Der auf eine materiell-rechtliche Grundlage gestützte Anspruch auf Erstattung von Kosten, die vor Einleitung des Prozesses zu seiner Vorbereitung aufgewandt worden sind, stellt neben dem im gleichen Verfahren geltend gemachten Hauptanspruch eine dessen Streitwert nicht erhöhende Nebenforderung i.S.d. des § 4 ZPO dar (vgl. BGH, Beschl. v. 23.1.2008 – IV ZB 8/07; Beschl. v. 30.1.2007 – X ZB 7/06, AGS 2007, 231; Beschl. v. 4.12.2007 – VI ZB 73/06, AGS 2008, 187). Dies gilt auch für § 43 Abs. 1 GKG (vgl. BGH, Beschl. v. 9.2.2012 – I ZR 142/11; a.A. LG Aachen, Beschl. v. 26.10.2005 – 5 T 223/05; Meyer, GKG/FamGKG, 13. Aufl., § 43 Rn 9).

bb) Der Umstand, dass die Klägerin die Kostenerstattung als Verzugsschaden geltend macht, steht der Behandlung als Nebenforderung i.S.d. § 43 Abs. 1 GKG nicht entgegen. Anspruchsvoraussetzung des materiell-rechtlichen Kostenersatzverlangens ist das Bestehen einer sachlich-rechtlichen Anspruchsgrundlage, nämlich dass der Schuldner wegen einer Vertragsverletzung, Verzugs oder sonstigen Rechtsverletzung für den adäquat verursachten Schaden einzustehen hat (Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., vor § 91 ZPO Rn 16; MüKo-ZPO/Giebel, 3. Aufl., vor § 91 Rn 16). Wird der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich – wie hier – herleitet, geltend gemacht, ist er von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig, so dass es sich bei den zur Durchsetzung eines Anspruchs vorprozessual aufgewendeten und unter dem Gesichtspunkt des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs geltend gemachten Geschäftsgebühren um Nebenforderungen i.S.v. §§ 4 ZPO, 43 GKG handelt, solange die Hauptsache Gegenstand des Rechtsstreits ist (vgl. BGH, Beschl. v. 30.1.2007 – X ZB 7/06, AGS 2007, 231; Beschl. v. 9.2.2012 – I ZR 142/11; OLG Frankfurt, Beschl. v. 16.3.2005 – 3 W 20/05, AGS 2006, 251; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 6.3.2006 – 12 W 18/06, AGS 2006, 453; OLG München, Beschl. v. 7.12.2006 – 23 W 2914/06; Gehle, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 4. Aufl., § 4 Rn 24). Die Ersatzfähigkeit der durch die Beauftragung des Anwalts entstandenen Kosten hängt davon ab, in welchem Umfang ein Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses besteht, und stellt damit keinen gleichwertigen Berechnungsposten eines insgesamt berechneten Anspruchs dar. Nicht anders verhält es sich im Übrigen bei Zinsen, die zwar ausdrücklich in den Bestimmungen erwähnt werden, aber – anders als Kosten – nicht im Rahmen der Prozessvorbereitung entstanden sind.

cc) Dass aufgrund der Bestimmung in § 15a RVG nunmehr keine Notwendigkeit bestehe, die vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten neben der Hauptforderung einzuklagen, anstatt sie nach § 103 ZPO festsetzen zu lassen, lässt sich aus Sicht des Senats nicht als Argument gegen die Einordnung als Nebenforderung i.S.v. § 43 Abs. 1 GKG anführen.

Mit dem neu eingefügten § 15a RVG hat der Gesetzgeber das RVG nicht geändert, sondern lediglich die seiner Ansicht nach bereits vor Einfügung von § 15a RVG bestehende Gesetzeslage in dem Sinne klargestellt, dass sich die Anrechnung gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV grundsätzlich im Verhältnis zu Dritten, also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht auswirkt. Die Anrechnungsvorschrift betrifft vielmehr grundsätzlich nur das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant. In der Kostenfestsetzung musste und muss daher zwar eine Verfahrensgebühr auch dann in voller Höhe festgesetzt werden, wenn für den Bevollmächtigten eine Geschäftsgebühr ents...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge