Leitsatz
Zentrales Problem dieser Entscheidung war die Frage, ob nach Durchführung des Ehescheidungsverfahrens in den USA und noch fehlender Anerkennung dieses Urteils die Ehescheidung auch in Deutschland betrieben werden kann.
Sachverhalt
Die Parteien hatten am 28.6.2002 geheiratet und waren nach ihrer Trennung, die im Februar 2007 erfolgte, durch Urteil eines Gerichts in Florida vom 15.1.2008 geschieden worden. Der Ehemann hatte die US-amerikanische Staatsangehörigkeit, die Ehefrau war Österreicherin. Der Ehemann betrieb zunächst die Anerkennung des Urteils des amerikanischen Gerichts beim OLG München, legte dort jedoch nicht alle hierfür erforderlichen Unterlagen vor und betrieb das Anerkennungsverfahren nicht weiter.
Er hatte zuvor am 18.5.2007 auch einen Scheidungsantrag bei dem in Deutschland zuständigen FamG eingereicht. Dieser Scheidungsantrag wurde vom FamG mit Endurteil vom 20.12.2007 unter Hinweis auf das Prozesshindernis der doppelten Rechtshängigkeit abgewiesen. Zur Begründung wurde angeführt, es sei zu erwarten, dass eine in Florida zu erwartende Entscheidung in Deutschland anerkennt werden könne. Darüber hinaus sei der Scheidungsantrag zum Zeitpunkt der Einreichung noch unbegründet gewesen, weil die Parteien noch nicht ein Jahr getrennt gelebt hätten.
Hiergegen richtete sich die Berufung des Ehemannes, der einwandte, nach Abschluss des US-amerikanischen Scheidungsverfahrens bestehe keine entgegenstehende Rechtshängigkeit mehr. Im Übrigen sei das Trennungsjahr mittlerweile abgelaufen.
Die Ehefrau stimme der Scheidung inzwischen zu.
Das Rechtsmittel des Antragstellers erwies sich als erfolgreich.
Entscheidung
Da beim FamG keine Folgesache zur Entscheidung anstand, hielt sich das OLG für in der Lage, in der Sache selbst zu entscheiden.
Obgleich ein Scheidungsverfahren grundsätzlich bis zur Entscheidung der zuständigen Landesjustizverwaltung über die Anerkennung eines ausländischen Scheidungsurteils nach Art. 7 § 1 Abs. 8 FamRÄndG gemäß § 148 auszusetzen sei, könne hier von einer Aussetzung ausnahmsweise abgesehen werden. Trotz des Feststellungsmonopols der Landesjustizverwaltung im Anerkennungsverfahren sei ein Gericht nicht gehindert, im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 148 ZPO eine Prognose des mutmaßlichen Ergebnisses eines Anerkennungsverfahrens aufzustellen. Da die Ehefrau vortrage, seitens des US-amerikanischen Gerichts nicht ordnungsgemäß beteiligt worden zu sein, erscheine eine Anerkennung dieses Urteils unwahrscheinlich. Zu berücksichtigen sei ferner, dass keine der Parteien die Anerkennung des ausländischen Urteils betreiben wolle.
Nach Auffassung des OLG war die Ehe der Parteien zu scheiden. Gemäß Art. 17 Abs. 1 S. 1, Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB sei deutsches materielles Scheidungsrecht anwendbar.
Die Parteien lebten über ein Jahr getrennt. Die eheliche Lebensgemeinschaft bestehe nicht mehr. Die Ehefrau stimme dem Scheidungsantrag inzwischen zu. Auch sie habe nunmehr glaubhaft bekundet, an der Ehe nicht mehr festhalten zu wollen. Es stehe danach fest, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestehe und auch nicht erwartet werden könne, dass sie je wieder hergestellt werden könne.
Ein Versorgungsausgleich habe nicht stattzufinden, da keine der Parteien während der Ehezeit Versorgungsanwartschaften begründet habe, die dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich unterlägen. Die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs sei nicht beantragt. Die Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor.
Link zur Entscheidung
OLG Nürnberg, Urteil vom 30.10.2008, 11 UF 116/08