Leitsatz

  1. Mangels anderweitiger Vereinbarung nichtiger Eigentümerbeschluss, der den Verwalter von der Aufstellung von Einzelwirtschaftsplänen mit Zukunftswirkung freistellt
  2. Anfechtbarer Beschluss (Verstoß gegen ordnungsgemäße Verwaltung), wenn im Wirtschaftsplan die Aufteilungsschlüssel und die einzelnen Wohngeldvorauszahlungsbeträge nicht angegeben sind (Beschlussungültigkeit wie BayObLG, NJW-RR 1991, 1360); Vorlage zum BGH wegen Abweichung von entgegenstehender Rechtsprechung des KG (NJW-RR 1991, 725)
  3. In einen Wirtschaftsplan kann auch eine ernsthaft zu erwartende Forderung Dritter gegen die Gemeinschaft eingestellt werden; nicht entscheidend ist, ob diese tatsächlich zu Recht geltend gemacht wird
  4. Eintritt der Rechtsnachfolger in langjährig bestehendes Vertragsverhältnis mit einer übergeordneten Verwaltungsgesellschaft (Olympiadorf-Gemeinschaften München)
 

Normenkette

§§ 10 Abs. 1, 21 Abs. 5 Nr. 5, 28 Abs. 1, Abs. 5 WEG

 

Kommentar

  1. Die Wohnanlage mit den Streitbeteiligten befindet sich in einem städtebaulichen Areal, dem sog. Olympiadorf in München. Für die Sanierung von verschiedenen Erschließungsebenen im Eigentum der Stadt und auch dem der Grundstückseigentümergemeinschaften existiert eine übergeordnete "Olympiadorf-Betriebsbeteiligungsgesellschaft mbH & Co. Wartungs KG" (ODBG), welche abschnittsweise solche Sanierungen grenzüberschreitend im Sinne einer übergeordneten Verwaltung durchführt. Insoweit wurde vor Jahren zwischen nahezu allen Eigentümern und Eigentümergemeinschaften ein mit "Vereinbarungen über gemeinschaftliche Versorgungsanlagen und Einrichtungen im Olympiadorf München" überschriebener Vertrag abgeschlossen, der Regelungen über die Nutzung und Unterhaltung solcher grundstücksübergreifenden Einrichtungen enthält. Die ODBG stellt jährlich einen Wirtschaftsplan auf und errechnet auch die auf die einzelnen Eigentümer und Gemeinschaften entfallenden Kostenanteile.

    In der hier streitgegenständlichen Gemeinschaft wurde 1990 ein Beschluss gefasst, "auf die Genehmigungsbedürftigkeit von Einzelabrechnungen ausdrücklich zu verzichten; es genüge die Genehmigung des Jahresgesamtabschlusses und richtige Erstellung und Bekanntgabe der Einzelabrechnungen; Entsprechendes gelte auch für den Wirtschaftsplan".

    Ein Eigentümer der betreffenden Gemeinschaft wandte sich nunmehr im Rahmen der Wirtschaftsplan-Beschlussfassung (EV v. 5.4.2000) gegen die dort bestimmte Position "Kosten ODBG", die entgegen dem Ansatz von 330.000 DM seiner Meinung nach um 146.465 DM für geplante Instandhaltungs- bzw. Sondermaßnahmen in den Erschließungsebenen zu kürzen sei. Dieser Kürzungsantrag wurde von der Gemeinschaft abgelehnt, der Wirtschaftsplan mit der vollen Forderungssumme mehrheitlich genehmigt, ohne dass über Einzelwirtschaftspläne abgestimmt wurde.

    Die Beschlussanfechtung des Antragstellers zum Wirtschaftsplan bezog sich auf diese Position. Während das AG den Beschluss daraufhin teilweise für ungültig erklärte, wies das LG unter Aufhebung der amtsgerichtlichen Entscheidung die Beschlussanfechtung zurück.

    Der Rechtsbeschwerde möchte der Senat stattgeben.

  2. Der Eigentümerbeschluss über den Gesamtwirtschaftsplan widerspricht schon deshalb ordnungsgemäßer Verwaltung, weil er lediglich die Gesamtbeträge der zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben enthält, ohne den Aufteilungsschlüssel und die auf jeden einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Wohngeldbeträge anzugeben (BayObLG v. 12.6.1991, BReg 2 Z 49/91, NJW-RR 1991, 1360; ebenso OLG Hamm v. 19.4.1995, 15 W 26/95, WE 1996, 33/36).

    Zulässig ist demgegenüber die Beschränkung eines Beschlussanfechtungsantrags auf die Ungültigerklärung nur eines einzelnen Postens im Wirtschaftsplan. Dies hat aber nur zur Folge, dass allein in diesem Umfang der Eigentümerbeschluss überprüft wird und im Umfang der beschränkten Anfechtung wegen etwaiger Mängel für ungültig erklärt werden kann. In diesem Rahmen hat das Gericht den Eigentümerbeschluss allerdings auch auf nicht ausdrücklich geltend gemachte Mängel hin zu überprüfen und ggf. für ungültig zu erklären, es sei denn, ein Antragsteller hätte hierauf ausdrücklich verzichtet (BayObLG v. 10.7.1986, BReg 2 Z 41/86, BayObLGZ 1986, 263/268; BayObLG v. 18.7.1989, BReg 2 Z 66/89, BayObLGZ 1989, 310/312). Ein nicht angefochtener Teil eines Eigentümerbeschlusses, mag er auch insoweit ebenfalls fehlerhaft sein, erwächst in Bestandskraft; sonstige Gesamtposten eines Wirtschaftsplans sind damit für die daraus abzuleitende Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Lasten- und Kostentragung außer Streit.

    Vorlage zum BGH ist erforderlich, da das KG mit Beschluss v. 11.2.1991 (24 W 4560/90, NJW-RR 1991, 725) ausgeführt hat, dass die Anfechtung eines Wirtschaftsplans nicht schon deshalb durchgreifen könne, weil die Wohnungseigentümer nicht zugleich Einzelwirtschaftspläne mit den auf die einzelnen Eigentümer entfallenden Anteilen beschlossen hätten. In der schon damaligen Vorlage zum BGH (v. 20.4.1990, V ZB 1/90, BGHZ 111, 148) musste der BGH allerdings nur die Auffassung des...

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