Leitsatz
Auf Antrag der allein sorgeberechtigten Mutter hatte das FamG die vorläufige Unterbringung eines im Jahre 1993 geborenen Jugendlichen in einer geschlossenen Einrichtung bis längstens 18.5.2010 genehmigt. Seine Entscheidung wurde darauf gestützt, dass der Jugendliche an einer emotionalen-instabilen Persönlichkeitsentwicklungsstörung mit polytoxikomanem Drogenmissbrauch leide und aufgrund seiner von ihm nicht mehr steuerbaren Gewalt- und Aggressionsbereitschaft eine erhebliche Gefahr bestehe, dass der Jugendliche sich und anderen gesundheitlichen Schaden zufüge. Es müsse eine sichere Diagnose gestellt werden, um mit dem Jugendlichen eine freiwillige Therapiemotivation zu erarbeiten, da er jede Behandlung ablehne. Eine vorläufige geschlossene Unterbringung sei daher notwendig.
Gegen diese Entscheidung wandte sich der Jugendliche durch seinen Verfahrensbeistand mit der Beschwerde und führte zur Begründung aus, das zuständige Jugendamt habe nicht ansatzweise versucht, eine Problemlösung auf andere und weniger schwerwiegende Weise zu erreichen.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Beschwerde für statthaft, in der Sache selbst hatte sie jedoch keinen Erfolg.
Zur Statthaftigkeit führte das OLG aus, das Verfahren über die Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen nach § 1631b BGB sei gemäß § 151 Nr. 6 FamFG eine Kindschaftssache und als solche eine Familiensache. Für dieses Verfahren seien jedoch - anders als für die anderen Familiensachen - gemäß § 167 Abs. 1 FamFG die für Unterbringungssachen nach § 312 Nr. 1 FamFG geltenden Vorschriften anzuwenden.
Gemäß § 331 FamFG könnten zur Anordnung oder Genehmigung einer vorläufigen Unterbringungsmaßnahme auch einstweilige Anordnungen erlassen werden. Das Verfahren der einstweiligen Anordnung richte sich gemäß § 51 Abs. 2 S. 2 FamFG nach den Vorschriften, die für eine entsprechende Hauptsache Geltung hätten, soweit sich nicht aus den Besonderheiten des einstweiligen Rechtsschutzes etwas anderes ergäbe.
Aufgrund der nach § 167 Abs. 1 FamFG umfassenden Geltung der für Unterbringungssachen maßgeblichen Vorschriften unterliege die einstweilige Anordnung zur Genehmigung einer freiheitsentziehenden Unterbringung eines Minderjährigen nach § 1631b BGB auch nicht der Einschränkung der Vorschrift des § 57 FamFG, die den Ausschluss der Anfechtbarkeit einstweiliger Anordnungen in Familiensachen regele (Prütting/Helms/Stößer, FamFG, § 57 Rz. 4; Kretz, Einstweilige Anordnungen in Betreuungs- und zivilrechtlichen Unterbringungssachen nach dem FamFG, BtPrax 2009, 160, 165, 166; andere Ansicht: OLG Koblenz, NJW 2010, 880).
Die Anfechtbarkeit einer durch einstweilige Anordnung genehmigten, auch nur vorläufigen Unterbringung sei insbesondere wegen des besonders schwerwiegenden Grundrechtseingriffs notwendig und gerechtfertigt.
In der Sache selbst war nach Auffassung des OLG bei der gegebenen Sachlage die Entscheidung des FamG nicht zu beanstanden.
Link zur Entscheidung
OLG Dresden, Beschluss vom 22.04.2010, 20 UF 244/10