Leitsatz
Wer eine Erbschaft ausgeschlagen hat, da er sie für finanziell uninteressant hielt, kann dies nicht anfechten, wenn er sich nur über die Größe des Nachlasses geirrt hat.
Sachverhalt
Mit der weiteren Beschwerde wendet sich der Antragsteller nach Anfechtung der Erbausschlagung gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Erteilung eines Erbscheins nach seiner verstorbenen Mutter. Als er zuvor die Erbschaft mit notarieller Erklärung ausgeschlagen hatte, erklärte er dem eingesetzten Nachlasspfleger, er gehe davon aus, dass der Nachlass nicht einmal ausreiche, die Räumung und Renovierung der Wohnung der Mutter zu bezahlen.
Die vorläufige Nachlasswertaufstellung ergab einen Nettobetrag von EUR 128.691,92. Im Folgenden erklärte der Antragsteller u.a.: "Die Ausschlagung (…) fechte ich hiermit an, da ich über die Erfordernisse zur Abwicklung des Nachlasses und die Zusammensetzung des Nachlasses, insbesondere bezüglich der Annahme, dass keine Vermögensgegenstände vorhanden sind bzw. sein werden, offensichtlich im Irrtum war."
Entscheidung
Die weitere Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Mangels erkennbarem Eigenschaftsirrums greift die form- und fristgerecht erklärte Anfechtung der Ausschlagungserklärung nicht durch. Die Ausschlagungserklärung ist eine amtsempfangsbedürftige Willenserklärung, für deren Auslegung Umstände, die aus der Urkunde nicht ersichtlich und nicht allgemein bekannt sind, nicht herangezogen werden dürfen. Der Irrtum hinsichtlich der Überschuldung eines Nachlasses kann eine verkehrswesentliche Eigenschaft i.S.d. § 119 Abs. 2 BGB sein, so dass eine Anfechtung deswegen grundsätzlich möglich ist. Ein Anfechtungsgrund ist aber nur gegeben, wenn der Irrtum auf unrichtigen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses oder des Bestandes von Aktiva und Passiva beruht.
Der Irrtum muss jedoch über § 119 BGB hinaus nach § 2078 BGB auch objektiv erheblich gewesen sein. Ergibt die Auslegung, dass dem Erben die etwaige Höhe seines erbrechtlichen Erwerbs gleichgültig war, kann er nicht wegen irrtümlich angenommener Überschuldung anfechten. Vorliegend hatte der Antragsteller aufgrund der Informationen eines Kriminalbeamten genug Anlass, sich zunächst über die Höhe des Nachlasses zu informieren. Die von ihm geäußerte Einschätzung, der Nachlass sei "wohl eher" überschuldet, lässt allerdings darauf schließen, dass er von einem weder überschuldeten noch besonders lukrativen Nachlass ausgegangen war.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.09.2008, I-3 Wx 123/08