Prof. Dr. Volker Römermann
Rz. 40
Gem. § 43c Abs. 2 BRAO entscheidet über einen Fachanwaltsantrag der Vorstand der Rechtsanwaltskammer, nachdem ein Ausschuss der Kammer die von dem Rechtsanwalt vorzulegenden Nachweise über den Erwerb der besonderen Kenntnisse und Erfahrungen geprüft hat. Somit sind zwei Gremien an der Entscheidungsfindung beteiligt, der sog. Vorprüfungsausschuss und der Vorstand der jeweils zuständigen Rechtsanwaltskammer.
I. Vorprüfungsausschüsse
Rz. 41
Die Vorprüfungsausschüsse (auch Fachausschuss oder Fachgebietsausschuss genannt) haben die Aufgabe, die Entscheidung des Kammervorstands über die in seinen Zuständigkeitsbereich fallenden Fachanwaltsanträge vorzubereiten. Den Ausschüssen obliegen im Einzelnen die Prüfung der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, evtl. das Anfordern weiterer zur Vorbereitung einer abschließenden Entscheidung erforderlicher Unterlagen, das Führen eines Fachgesprächs und die Abgabe eines abschließenden Votums ggü. dem Kammervorstand.
Rz. 42
Die Vorprüfungsausschüsse werden gem. § 43c Abs. 3 Satz 1 BRAO und § 17 FAO durch den Vorstand der Rechtsanwaltskammer gebildet. Sie können sich somit nicht aus eigener Kraft errichten. Sofern der Vorstand eine Abteilung für Fachanwaltssachen gebildet und dieser auch die Kompetenz zur Bestellung der Fachausschussmitglieder übertragen hat, kann die Bestellung durch diese Abteilung erfolgen.
Rz. 43
Der Vorprüfungsausschuss ist nicht für eine bestimmte Dauer konstituiert, hat also keine bestimmte Amtszeit und kann demzufolge jederzeit aufgelöst oder neu gegründet werden. § 43c Abs. 3 Satz 4 BRAO und § 17 Abs. 2 FAO ermöglichen die Bildung gemeinsamer Ausschüsse mehrerer Rechtsanwaltskammern. Dies ist immer dann sinnvoll, wenn einzelne Fachgebiete seltener nachgefragt werden und ein gemeinsamer Ausschuss den Arbeitsanfall mehrerer Kammerbezirke bedienen kann. Besetzt werden die Ausschüsse mit mindestens drei Rechtsanwälten, welche auch Mitglieder mehrerer Ausschüsse sein können. Zu beachten ist allerdings, dass jede Rechtsanwaltskammer in einem gemeinsamen Ausschuss mit mindestens einem Mitglied vertreten sein muss (§ 17 Abs. 2 FAO). Dabei hat die Bildung gemeinsamer Ausschüsse neben den Synergieeffekten und einer Bündelung des Sachverstands auch den Vorteil, dass die – leider nicht immer unberechtigte – Besorgnis der Bewerber, ihre Anträge würden ausschließlich von konkreten Konkurrenten begutachtet, etwas gelindert werden kann.
Rz. 44
Gem. § 17 Abs. 6 FAO gibt sich der Ausschuss eine Geschäftsordnung, in der die konkrete Arbeitsweise des Ausschusses geregelt wird. Für die Erstellung dieser Geschäftsordnung ist der Ausschuss selbst zuständig. Dies führt mitunter zu der misslichen Konstellation, dass die verschiedenen Ausschüsse für die jeweiligen Fachbereiche innerhalb eines Kammerbezirks unterschiedliche Geschäftsordnungen haben, was die Bearbeitung der Fachanwaltsangelegenheiten bisweilen komplizierter gestaltet. Eine Veröffentlichung dieser Geschäftsordnung ist durch die FAO nicht vorgesehen. Da die Geschäftsordnung nur das ausschussinterne Verfahren regelt und somit i.d.R. keine Außenwirkung entfaltet, schlagen Verstöße gegen einzelne Bestimmungen i.R.d. Beratungsverfahrens nur dann auf die Wirksamkeit des vom Kammervorstand beschlossenen Bescheides durch, wenn sich der Verfahrensverstoß auf die Entscheidung auswirkt.
II. Kammervorstand
Rz. 45
Letztlich entscheidungsbefugt über die Erteilung oder Ablehnung der Erlaubnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung ist gem. § 43c Abs. 2 BRAO der Vorstand derjenigen Rechtsanwaltskammer, deren Mitglied der Antragsteller ist. Die Entscheidung wird dem Antragsteller per Bescheid auf Grundlage der gem. § 24 Abs. 9 FAO vom Vorprüfungsausschuss abgegebenen Stellungnahme zugestellt.