Prof. Dr. Volker Römermann
Rz. 98
Nach § 15 FAO ist der zugelassene Rechtsanwalt verpflichtet, sich regelmäßig fortzubilden. Gem. § 15 FAO muss derjenige, der eine Fachanwaltsbezeichnung führt, jährlich auf diesem Fachgebiet wissenschaftlich publizieren oder an einer fachspezifischen der Aus- und Fortbildung dienenden Veranstaltung dozierend oder hörend teilnehmen. Die hörende Teilnahme setzt eine anwaltsorientierte oder interdisziplinäre Veranstaltung voraus. Dabei darf die Gesamtdauer der Fortbildung je Fachgebiet 15 Zeitstunden nicht unterschreiten; bis zu fünf Zeitstunden können im Wege des Selbststudiums absolviert werden. Die jährliche Fortbildung ist der Rechtsanwaltskammer unaufgefordert nachzuweisen.
I. Verfassungsrechtliche Fragen
Rz. 99
Nach Verabschiedung der Norm des § 15 FAO waren zunächst Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Fortbildungsverpflichtung aufgekommen. Es wurde sowohl angezweifelt, dass die Norm in § 59b Abs. 2 Nr. 2 a.F. i.V.m. § 43c Abs. 4 BRAO eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage gefunden hat als auch, dass es sich hierbei um einen verhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht aus Art. 12 GG handelt. Diese Bedenken wurden letztlich durch einen Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 4.1.2002 verworfen, als das Gericht feststellte, es sei keine verfassungsmäßige Beanstandung der Norm zu erheben.
II. Fortbildungspflichten im Einzelnen
Rz. 100
Die Möglichkeiten der Fortbildung zum Erhalt der einmal erworbenen Fachanwaltsbezeichnung sind ähnlich mannigfaltig wie die Möglichkeiten zum Erwerb der theoretischen Kenntnisse gem. § 4 FAO, beschränken sich also nicht auf eine bloße hörende Teilnahme an einem Fachseminar. Neben einer solchen Teilnahme kann der Nachweis der ausreichenden Fortbildung auch durch eine dozierende oder wissenschaftliche Tätigkeit sowie im Rahmen eines Selbststudiums (bis zu fünf Stunden) erbracht werden.
1. Wissenschaftliche Publikation
Rz. 101
Eine wissenschaftliche Publikation wird regelmäßig eine Veröffentlichung sein, welche eine vertiefte juristische Befassung zum Thema hat; bspw. Aufsätze, Kommentare oder Urteilsanmerkungen. Z.T. wurde in der Vergangenheit gefordert, eine solche Publikation müsse zwingend auf ein juristisches Fachpublikum zielen, also in einer Fachzeitschrift erscheinen. Mit Beschl. v. 14.12.2005 hat der AGH Schleswig-Holstein allerdings festgestellt, dass auch ein kurzer Beitrag in einer Berater-Fachzeitschrift ("Der Familien-Berater") den wissenschaftlichen Anforderungen genügen kann, mithin in einer nicht-juristischen Fachzeitschrift, die sich auch nicht explizit an ein juristisches Fachpublikum richtet. Es kommt also v.a. auf die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema an. Insofern ist hier von einer rein darstellenden oder publikumsorientierten Veröffentlichung in der allgemeinen Presse abzugrenzen, die i.d.R. eher dem werbenden Zweck dient. Beiträge in Mandantenrundschreiben genügen ebenfalls nicht. Ein nur auf der eigenen Homepage veröffentlichter Fachbeitrag soll ebenfalls keine wissenschaftliche Publikation sein, mit der ein Fachanwalt seine Fortbildungspflicht erfüllen kann.
Es muss die Gleichwertigkeit des Verfassens der wissenschaftlichen Publikation mit der 15-stündigen Teilnahme an einer anwaltlichen Fortbildungsveranstaltung gewährleistet sein, die aufgrund des wissenschaftlichen Charakters allerdings auch schon bei weniger umfangreichen Urteilsanmerkungen regelmäßig gegeben sein wird. Entscheidend für die zeitliche Zuordnung der Veröffentlichung ist grds. das Erscheinungsdatum.
2. Dozierende Teilnahme
Rz. 102
Die für den Erhalt der Fachanwaltsbezeichnung geforderte Fortbildung kann auch dadurch erlangt werden, dass der Rechtsanwalt dozierend an einer Fortbildungsveranstaltung teilnimmt. Als Veranstaltung kommen dabei juristische Seminare vor Kollegen, interne Fortbildungen, sog. "Fortbildungszirkel" unter Kollegen, ebenso wie Fachtagungen, Vorlesungen, und Mandantenveranstaltungen in Betracht; solange diese einen entsprechenden Fachbezug haben und der Aus- und Fortbildung dienen (dies ist bei reinen Werbeveranstaltungen zur Mandatsakquise zu vereinen).
3. Hörende Teilnahme
Rz. 103
Hinsichtlich der hörenden Teilnahme gilt im Wesentlichen das bereits unter Rdn 12 ff. Gesagte.
Rz. 104
Streitig war die Zulässigkeit von sog. Online-Seminaren für die Pflichtfortbildung eines Fachanwalts.
Rz. 105
In einer Entscheidung vom 17.3.2005 hat der AGH Schleswig-Holstein die Auffassung der dortigen Kammer bestätigt, die eine "virtuelle" Teilnahme auf elektronischem Wege an einer Veranstaltung nicht anerkennen wollte. Das Gericht hat entscheidend darauf abgestellt, dass bei einer lediglich elektronisch vermittelten Teilnahm...