A. Zivilsachen

I. Überblick

1. Umfang der Angelegenheit

 

Rz. 1

Im Verfahren über einen Antrag auf Anordnung eines Arrests (§§ 916 ff. ZPO) oder Erlass einer einstweiligen Verfügung (§§ 935, 936 i.V.m. §§ 916 ff. ZPO) erhält der Anwalt die Gebühren nach VV Teil 3 unmittelbar. Ergänzend hierzu ordnet § 17 Nr. 4 Buchst. a) und b) an, dass solche Verfahren gegenüber dem Hauptsacheverfahren als besondere Angelegenheit i.S.d. § 15 gelten. Daher verdient auch der Anwalt, der im Hauptsacheverfahren tätig ist, neben den dortigen Gebühren die vollen Gebühren der VV 3100 ff. für seine Vertretung im Arrest- oder einstweiligen Verfügungsverfahren.

 

Rz. 2

Mehrere durch gesonderte Anträge eingeleitete Arrest- oder einstweilige Verfügungsverfahren gelten jeweils als besondere Angelegenheiten. Soweit allerdings die Möglichkeit bestanden hätte, die verschiedenen Verfügungen in demselben Verfahren zu beantragen, sind die dadurch entstandenen Mehrkosten nur insoweit zu erstatten, als sie bei einheitlichem Vorgehen angefallen wären.[1]

 

Rz. 3

Mehrere Angelegenheiten liegen auch dann vor, wenn ein Antrag wiederholt wird, etwa weil ein früheres Gesuch zurückgewiesen worden ist oder weil die zeitliche Befristung einer einstweiligen Verfügung oder die Vollziehungsfrist abgelaufen war.[2]

 

Rz. 4

Mit zum Verfahren auf Anordnung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung zählen auch das Widerspruchsverfahren nach den §§ 924, 925 ZPO und das Rechtfertigungsverfahren nach § 942 ZPO. Beide "Nachverfahren" sind noch keine Abänderungs- oder Aufhebungsverfahren nach § 16 Nr. 5, sondern Teil des Anordnungsverfahrens.

 

Rz. 5

Verfahren über die Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung sind zwar ebenfalls gegenüber der Hauptsache eine gesonderte Angelegenheit (§ 17 Nr. 4 Buchst. d). Gegenüber dem zugrunde liegenden Anordnungsverfahren sind sie jedoch nicht gesondert abzurechnen; es liegt insoweit vielmehr nur eine Angelegenheit vor (§ 16 Nr. 5). Die Gebühren im gesamten Verfahren entstehen nur einmal (§ 15 Abs. 2).

 

Rz. 6

Als eine einzige gebührenrechtliche Angelegenheit gelten danach

das Anordnungsverfahren (§ 922 ZPO),
das Widerspruchsverfahren (§§ 924, 925 ZPO),
das Rechtfertigungsverfahren (§ 942 ZPO),
das Verfahren auf Aufhebung wegen nicht fristgemäßer Klageerhebung (§ 926 Abs. 2 ZPO),
das Verfahren auf Aufhebung wegen veränderter Umstände (§ 927 ZPO),
das Verfahren auf Aufhebung gegen Sicherheitsleistung (§ 939 ZPO) und
das Verfahren auf Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen Nichteinhaltung der Ladungsfrist (§ 942 Abs. 3 ZPO).
 

Rz. 7

Auch das Einreichen einer Schutzschrift zählt gebührenrechtlich mit zum Rechtszug und wird für den Anwalt des Antragsgegners durch die Verfahrensgebühr abgegolten[3] (zur Höhe der Vergütung siehe Rdn 22 ff.).

[1] BGH AGS 2012, 511 = zfs 2012, 707; OLG Köln JurBüro 2011, 536; KG AGS 2007, 216 = RVGreport 2007, 36.
[2] OLG Hamburg JurBüro 1991, 1084.
[3] BGH AGS 2003, 272 m. Anm. N. Schneider; OLG Bamberg AGS 2003, 537 m. Anm. N. Schneider.

2. Erstinstanzliche Verfahren

 

Rz. 8

In erstinstanzlichen Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren erhält der Anwalt die Gebühren nach den VV 3100 ff. Dies gilt auch dann, wenn das erstinstanzliche Arrest- oder Verfügungsverfahren vor dem Berufungsgericht als Gericht der Hauptsache (§ 943 ZPO) stattfindet (VV Vorb. 3.2 Abs. 2 S. 1).

 

Rz. 9

Ebenso wie im Erkenntnisverfahren erhält der Anwalt auch im Arrest- und Verfügungsverfahren zunächst einmal eine 1,3-Verfahrensgebühr nach VV 3100. Hier gelten grundsätzlich keine Besonderheiten.

 

Rz. 10

Erledigt sich die Angelegenheit vorzeitig, also bevor der Antrag eingereicht, ein Sachantrag gestellt oder ein Termin wahrgenommen worden ist, entsteht nur eine 0,8-Gebühr nach VV 3100, 3101 Nr. 1 (zu den Besonderheiten einer Schutzschrift siehe Rdn 22 ff.).

 

Rz. 11

Werden nicht anhängige Gegenstände miteinbezogen, so erhöht sich auch hier der Gegenstandswert der Verfahrensgebühr (VV Vorb. 3 Abs. 2). Es entsteht dann aus dem Mehrwert eine ermäßigte 0,8-Verfahrensgebühr nach VV 3101 Nr. 1 oder 2, jeweils unter Beachtung des § 15 Abs. 3. Diese Fälle kommen insbesondere dann in Betracht, wenn sich die Parteien im Arrest- oder Verfügungsverfahren auch über die Hauptsache einigen.

 

Rz. 12

Ist eine Geschäftstätigkeit vorangegangen, so ist die Geschäftsgebühr nach VV Vorb. 3 Abs. 4 zur Hälfte, höchstens mit 0,75, auf die Verfahrensgebühr des Arrest- oder Verfügungsverfahrens anzurechnen. Voraussetzung ist, dass die Geschäftstätigkeit denselben Gegenstand betraf wie das Arrest- oder Verfügungsverfahren. Betraf die Geschäftstätigkeit dagegen die Hauptsache, unterbleibt eine Anrechnung, weil es dann an demselben Gegenstand fehlt[4] (siehe dazu Rdn 128 ff.).

 

Rz. 13

Die Terminsgebühr (VV 3104) entsteht unter den gleichen Voraussetzungen wie im Erkenntnisverfahren (VV Vorb. 3 Abs. 3). Insoweit kann auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen werden.

 

Rz. 14

Eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu VV 3104 ist im Anordnungsverfahren nur in einstweiligen Verfügungsverfahren möglich, da nur dort e...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?