Rz. 253
Die Ermittlung des Ertragswerts nach dem AWH-Standard geht von einer Kapitalisierung der nachhaltigen Erträge des Unternehmens aus. Betrachtet wird hierbei der durchschnittliche Ertrag der letzten drei bis fünf Wirtschaftsjahre vor dem Bewertungsstichtag. Bei der Analyse der Gewinn- und Verlustrechnungen sind außerordentliche Aufwendungen und außerordentliche Erträge, z.B. Einstellungen in die Rücklagen, Abschreibung, Verkauf von Anlagevermögen unter Buchwert, einmalige/überdurchschnittlich hohe Forderungsausfälle, nicht durch Versicherungen ersetzte Schäden, eventuell überhöhte Einstellungen in Rückstellungen etc. bzw. Auflösung von Anspar-Abschreibungen, Verkauf von Anlagevermögen über Buchwert, Versicherungsentschädigungen über Buchwert, Erträge aus Herabsetzung der Pauschalwertberichtigungen etc. zu korrigieren.
Soweit die Höhe der Kfz-Kosten oder auch der Telekommunikationsentgelte auf private Veranlassung zurückzuführen sind (nicht im Betrieb genutzte Fahrzeuge, unnötig großer/teurer Wagen für den Inhaber), sind auch diese Aufwendungen zu korrigieren.
Rz. 254
Teilweise sind die tatsächlichen Wertansätze auch durch sog. kalkulatorische Kosten, also betriebswirtschaftlich richtige Werte zu ersetzen. In diesem Bereich sind insb. zu nennen: Der kalkulatorische Unternehmerlohn, die kalkulatorischen Zinsen, die kalkulatorische Miete und die kalkulatorischen Abschreibungen.
Rz. 255
Beim kalkulatorischen Unternehmerlohn ist vom üblichen Personalaufwand für eine familienfremde Arbeitskraft gleicher Qualifikation und bei gleicher Art und gleichem Umfang der Tätigkeit auszugehen. Der Lohnaufwand für einen im entsprechenden Handwerk qualifizierten Meister kann i.d.R. nach Tarifvertrag ermittelt werden; er ist um die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung zu erhöhen. Schließlich soll ein Zuschlag für die Unternehmertätigkeit (unter Berücksichtigung von Mehrarbeit-, Urlaubs- und Weihnachtsgeld in der Größenordnung zwischen 20 % und 50 %) vorgenommen werden.
Rz. 256
Die kalkulatorischen Zinsen werden in der Kostenrechnung unabhängig von den tatsächlich angefallenen Zinsaufwendungen und Zinserträgen errechnet. Basis ist die Summe des gebundenen betriebsnotwendigen Vermögens. Die konkrete Art der Finanzierung sowie das Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital werden hierbei nicht berücksichtigt. Durch die Verrechnung kalkulatorischer Zinsen in der Kostenrechnung wird – unabhängig von der Finanzierung des Unternehmens – der entgangene Nutzen durch die Kapitalbindung im betriebsnotwendigen Vermögen als Opportunitätskosten erfasst. Die tatsächlich in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Zinsaufwendungen und Zinserträge sind durch die kalkulatorischen Zinsen zu ersetzen. Der hierbei anzunehmende Zinssatz entspricht dem jeweiligen Basiszinssatz. Dieser ist auf die Summe aus dem betriebsnotwendigen Anlagevermögen und dem durchschnittlich gebundenen Umlaufvermögen abzüglich der Fremdkapitalbeträge, die durchschnittlich zinsfrei zur Verfügung stehen (z.B. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen), anzuwenden.
Rz. 257
Die kalkulatorische Miete entspricht dem Mietwert ortsüblicher Werkstatt-, Lager- und Büroraummieten für Flächen, die zum Betrieb des konkreten Unternehmens betriebswirtschaftlich sinnvoll anzumieten wären. Der Ansatz der kalkulatorischen Miete bedingt, dass im Gegenzug alle Aufwendungen, die sich auf den Grund und Boden sowie aufstehende Gebäude beziehen (insb. Abschreibungen) aus der Gewinn- und Verlustrechnung eliminiert werden müssen. Gleiches gilt für entsprechende Mietaufwendungen. Insoweit ist jedoch anzumerken, dass die kalkulatorische Miete durchaus den tatsächlichen Aufwendungen für Miete bzw. für Grund und Boden entsprechen kann.
Rz. 258
Durch den Ansatz von kalkulatorischen Abschreibungen sollen die tatsächlich in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Werte durch betriebswirtschaftlich angemessene Werte ersetzt werden. Letztere sind also – soweit gegenüber den kalkulatorischen Abschreibungen Abweichungen bestehen – aus der GuV zu eliminieren. Die kalkulatorischen Abschreibungen betreffen insb. Lizenzen, Beteiligungen, technische Anlagen und Maschinen, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Betriebsfahrzeuge und geringwertige Wirtschaftsgüter. Der Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen ist der jeweilige Verkehrswert der abzuschreibenden Wirtschaftsgüter zugrunde zu legen; die seit der ursprünglichen Anschaffung im konkreten Betrieb vorgenommenen Abschreibungen spielen also explizit keine Rolle.
Rz. 259
Nach den vorstehend genannten Korrekturen ergibt sich – für jedes Jahr des Beobachtungszeitraums – ein bereinigter Jahresertrag. Aus den Jahreserträgen des Beobachtungszeitraums ist nun eine Prognose für die zukünftige Ertragskraft des Unternehmens abzuleiten. Hierbei kommt dem Ergebnis des letzten betrachteten Geschäftsjahres die höchste Prognosegüte zu. Deshalb werden durch Gewichtungsfaktoren die Ergebnisse des letzten Geschäftsjahres ...