1 Leitsatz
Auch im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 WEG entspricht ein Beschluss, mit dem einem Wohnungseigentümer eine bereits durchgeführte Baumaßnahme (hier Treppenlift) nachträglich genehmigt wird, nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die baurechtliche Zulässigkeit der Maßnahme gesichert ist. Ernstliche Zweifel an der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit muss der Antragsteller vor der Beschlussfassung ausräumen.
2 Normenkette
§ 20 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer X lässt im Treppenhaus einen Treppenlift anbauen. Die Wohnungseigentümer gestatten Wohnungseigentümer X nachträglich den Anbau. Gegen diesen Beschluss wendet sich Wohnungseigentümer K. Das AG gibt der Klage statt. Es meint, der Beschluss verstoße gegen öffentlich-rechtliche Bauvorschriften. Hiergegen wendet sich die Berufung.
4 Die Entscheidung
Das LG beurteilt die Rechtslage wie das AG! Jede Baumaßnahme müsse den öffentlich-rechtlichen Anforderungen genügen. Im Fall sei die DIN 18065 maßgeblich. Danach müsse eine Treppe eine Mindestbreite von 1 m haben. So liege es aber nicht: Die Treppe sei an der engsten Stelle lediglich 80,5 cm breit. Jedenfalls sei die Frage, ob der Treppenlift im Fall den bauordnungsrechtlichen Vorschriften genüge, zweifelhaft. In einem solchen Fall entspreche eine Gestattung aber nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn zuvor die Grundlagen geklärt seien, die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit also gesichert sei.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall hat der "Bauherr" nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG einen Anspruch auf den Treppenlift. Allerdings muss die Ausführung ordnungsmäßig sein.
Gestattungsbeschluss und Ordnungsmäßigkeit
Einem Gestattungsbeschluss muss einer ordnungsmäßigen Verwaltung entsprechen. Dazu gehört die Einhaltung der das gemeinschaftliche Eigentum betreffenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Ist ein unter § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG fallendes Verlangen bauordnungsrechtlich unzulässig, kann ein Anspruch auf eine Gestattung bereits aus diesem Grund ausgeschlossen sein. So liegt es im Fall. Nach der hessischen Landesbauordnung in Verbindung mit der DIN 18065 muss für baurechtlich notwendige Treppen eine nutzbare Laufbreite von 1 m bestehen.
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Der Fall zeigt, dass einem Anspruch auf eine bauliche Veränderung das öffentliche Recht entgegenstehen kann. Dies muss jede Verwaltung wissen und beachten. Bestehen Zweifel, muss ein Sonderfachmann um Rat gebeten werden.
6 Entscheidung
LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 19.2.2024, 2-13 S 575/23